Schriftsteller - Buchblogger

Kategorie: Neue Lektüre (Seite 1 von 2)

Neue Lektüre: Graphic Novel über Fritz Lang und Jena als Zentrum der Geisteswelt

Irgendwann in meinem Leben habe ich einmal den Film Die Nibelungen von Fritz Lang gesehen. Einige vage Erinnerungen meine ich daran noch zu haben (das täuscht ja manchmal) und dank Herfried Münkler weiß ich um die Bedeutung der Sage und des daraus konstruierten Mythos für die deutsche Geschichte. Es ist ungewöhnlich, als nationalen Mythos einen zu wählen, der in totaler Vernichtung mündet. Hat ja am Ende geklappt.

Noch immer habe ich aber Metropolis nicht gesehen, jenen Film, mit dem sich für mich der Name Fritz Lang vor allem verbindet. Zuletzt ist mir das Meisterwerk in Daniel Kehlmanns Roman Lichtspiel begegnet, in der es einen launigen Dialog zwischen Lang und seinem Regisseur-Kollegen / -Konkurrenten Pabst gibt.

Metropolis ist der beste Film, der je gedreht wurde‹, sagte Pabst.
›Ich weiß‹, sagte Lang.
Beide schwiegen.

Daniel Kehlmann: Lichtspiel

Nun ist mir also die Graphic Novel Fritz Lang von Arnaud Delalande und Éric Liberge ins Haus geflattert. Das gute Stück ist ausverkauft, ich konnte eine Ausgabe gebraucht ergattern. Die Lektüre passt thematisch nicht nur zum genannten Roman Kehlmanns, sondern auch zu der großartigen Graphic Novel Die letzte Einstellung von Isabel Kreitz

Außerdem habe ich mit dem Hörbuch Fabelhafte Rebellen von Andrea Wulf begonnen, zu dem ich mir aus der Stadtbibliothek noch das Buch ausgeliehen habe. Oft nehme ich beide Medienformen wahr, sie ergänzen sich prima. Das Sachbuch führt nach Jena im ausgehenden 18. Jahrhundert. Der kleine Ort war dank einer ungewöhnlichen Ballung von Geistesgrößen für kurze Zeit ein, ja das Zentrum der Geisteswelt. Worum ging es? Das Ich. Und vieles andere.

Neue Lektüre: Innere Emigration und China im 19. Jahrhundert

An dem Format Graphic Novel finde ich immer mehr Gefallen. Jüngste Erwerbung in diesem Segment ist Die letzte Einstellung von Isabel Kreitz. Die Geschichte erzählt von einem Propaganda-Film, der in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges gedreht werden soll. Mit dabei ein Schriftsteller und Journalist aus der Weimarer Zeit, der 1933 nach der Machtübertragung an Hitler nicht ins Exil ging, sondern die Innere Emigration wählte.

Für ihn hat das Konsequenzen, die man sich in der Gegenwart zumindest hierzulande nicht recht vorstellen kann: Berufsverbot. Ganz am Ende bietet sich ihm aber die Möglichkeit, als Ghost-Writer an jenem Film mitzuwirken. Damit bekommt der Begriff »Einstellung« im Titel eine doppelte Bedeutung: einmal für den Film, zum anderen für die Einstellung gegenüber dem menschverachtenden Regime.

Leider ist das alles aktueller als ich mir wünsche. Obendrein bin ich vom Thema wegen des Romans Lichtspiel von Daniel Kehlmann angetan.

Ganz große Vorfreude habe ich auf den Roman Gott der Barbaren von Steffen Thome. Vom Autor kenne ich zwei Romane, sein Grenzgang war okay (brillant komisch: »Wollt ihr den totalen Grenzgang?«), Pflaumenregen dagegen ganz hervorragend. Nach Taiwan nun also hinüber aufs Festland, ins China des 19. Jahrhunderts. Damit fangen die lehrreichen Dinge der Romanhandlung schon an, denn die handelnden Figuren können »China« gar nicht recht fassen. Es gibt kein »China«. 

Im Fokus stehen die Kolonialkriege der Europäer, allen voran der Briten, sowie ein verheerender Aufstand, der das Land zutiefst erschüttert. Mir gefällt der mehrfache Perspektivwechsel, die Wurzeln einer der Hauptfiguren in der 1848er-Revolution in Deutschland (gab es da auch noch nicht, aber aus ganz anderen Gründen als China) und der beißende Spott, den der Autor über die Briten und ihr angeblich zivilisatorisches Projekt ausgießt. Schon in den ersten Kapiteln wird man sehr nachdenklich.

Der Roman Gott der Barbaren ist Teil meines Lesevorhabens 12für 2025.

Neue Lektüre: Nach Hitlers Sieg und deutsche Militärgeschichte

Auf meinem Literaturblog gibt es ein auf den ersten Blick etwas merkwürdig klingendes Schlagwort: Zukunft von gestern. Bislang gibt es nur eine Rezension unter diesem Begriff, den Roman Feindesland von C.J. Sansom, der mich enttäuscht hat. Doch macht auch dieser Fehlgriff deutlich, worum es bei Büchern geht, die in den kommenden Jahren unter dieser Rubrik gelistet werden: Eine alternative Vergangenheit, in der Hitlers Deutschland den Krieg gewonnen hat.

Das Schlagwort passt deswegen so gut, weil es der Titel eines ganz besonderen Buches ist. Harry Mulisch hat sich darin über ein nicht verwirklichtes Romanprojekt ausgelassen, das tatsächlich in einer solchen alternativen Vergangenheit spielen sollte. Andere haben sich mit dem Thema erfolgreich herumgeschlagen, Vaterland steht am Anfang der literarischen Weltkarriere von Robert Harris. Das werde ich im Rahmen meines Lesevorhabens Wiedergelesen – 4für2025 noch 2025 vorstellen.

Aktuell lese ich einen anderen Roman aus dem Dunstkreis dieses Sujets. Philip K. Dick hat sich in Das Orakel vom Berge eine Welt ausgedacht, in der Deutschland und Japan nach ihrem Sieg die USA geteilt haben. Im Osten sitzen die Deutschen, im Westen die Japaner, dazwischen ist eine Art Pufferzone. Anders als Harris oder Sansom ist Dicks Buch literarischer, gewagter und auch komplizierter. Er greift zwar eine Reihe von Spannungselementen auf, zielt aber weit darüber hinaus, mitten hinein in historisch-philosophische Fragen. Ich bin bislang schlichtweg begeistert und ein wenig in Sorge, ob ich eine angemessene Buchvorstellung hinbekommen werde. Der Roman gehört zu denen meines Lesevorhabens 12für 2025.

Ganz anders geartet ist meine zweite Lektüre, die sich mit deutscher Militärgeschichte beschäftigt. Stig Förster unternimmt in seinem Buch, das im Rahmen der von mir sehr geschätzten Historischen Bibliothek der Gerda-Henkel-Stiftung bei C.H. Beck erschienen ist, den Versuch einer umfassenden Darstellung von mehr als fünfhundert Jahren spezifisch deutscher Militärgeschichte. Das ist – wie viele andere Bücher der Reihe – allein wegen ihres solitären Charakters begrüßenswert.

Mich interessiert an diesem Thema alles, außer der Frage, warum dieses Buch gerade jetzt so wichtig ist. Mit Blick auf Putins Angriffs- und Vernichtungskrieg ist die Beschäftigung mit dem (ungeliebten und unverstandenen) Militärischen schlichtweg nötig. Wie gut, dass Förster bis ganz dicht an die Gegenwart herangeht und auch die Zeitenwende (nun, ja) einbezieht. Wichtig ist, dass auch das Karfreitagsgefecht in Afghanistan Berücksichtigung findet – auch wenn es im ersten Moment als Petitesse gemessen an den blutigen Schlachten des Zweiten Weltkriegs erscheinen mag. Dann ist da noch die Frage nach dem Zeitpunkt an dem der Autor eine spezifisch »deutsche« Militärgeschichte beginnen will.

Mein Dank gilt C.H.Beck für das Rezensionsexemplar.

Neue Lektüre: KI und Kleopatra

Außer dem gleichen Anfangsbuchstaben haben beide Bücher nicht viel gemeinsam. Hier eine knappe Abhandlung über die letzte ptolemäische Königin Ägyptens, dort eine Auseinandersetzung mit dem vielleicht wichtigsten Phänomen der Gegenwart, der so genannten Künstlichen Intelligenz.

Bei Künstliche Intelligenz von Manfred Spitzer zielt mein Interesse zunächst einmal darauf ab, einen Eindruck davon zu bekommen, was hinter dem Begriff eigentlich steht. »KI« kenne ich schon seit Jahrzehnten als Begriff, um zu Beschreiben, was ein Computer in einem Videospiel wie macht. Meist war das in Strategiespielen recht dürftig, vielleicht habe ich mir auf diesem Weg eine (zu) negative Haltung gegenüber Künstlicher Intelligenz angeeignet. Diese Einschätzung infrage zustellen und zu korrigieren, ist wichtig.

Ganz anders liegen meine Interessen bei Kleopatra* von Ann-Cathrin Harders. Die ptolemäische Herrscherin des reichsten Landes in ihrer Zeit ist mir zuletzt mehrfach bei der Lektüre begegnet. Sie war als Partnerin von Julius Caesar und Marcus Antonius von großer Bedeutung, ist mit ihr doch auch die letzte Schlacht der Römischen Republik vor dem Übergang zum Prinzipat verbunden.

Die Überlieferung hat einen Wust an Mythen, gezielten Herabwürdigungen, Verengungen und schärfsten Angriffen hinterlassen, der bis heute wirkmächtig ist. Die Römer haben gewonnen, ihre Gegner haben gewonnen, sie an der Seite des unterlegenen Marcus Antonius verloren. Die Sieger schreiben Geschichte. Entscheidend ist aber doch, welche Handlungsmöglichkeiten eine Herrscherin in einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft hatte und wie sie diese für sich (nicht) genutzt hat.

*Rezensionsexemplar

Neue Lektüre: Raumfahrt und Höllenritt

Die Geschichte der georgischen Familie gleicht einem Höllenritt, der Aufbruch ins Weltall ist aus anderen Gründen kaum weniger dramatisch

Meine aktuelle Romanlektüre ist eine epische Familienerzählung, die in Georgien in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ihren Ausgang nimmt. Ein echter Wälzer mit mehr als eintausend Seiten, wie sich schnell zeigt schön erzählt und ohne die oft als Ausweg erzählerischer Armut gewählte Gewalt. Natürlich ist die Gewalt spürbar, schließlich geht es um russländisch-imperiale Geschichte. Abermillionen Menschen sind in Strömen von Blut inmitten von Kriegen, Revolutionen, Bürgerkriegen, Deportationen und Massenhinrichtungen ertrunken.

Autorin Nino Haratischwili lässt ihre Leser oft indirekt daran teilhaben, schildert die Folgen und Wirkungen der schrecklichen Ereignisse. Ihre Figuren begegnen den dramatischen Umstürzen nicht selten mit himmelschreiender Naivität und dem Drang, die Schrecken zu verdrängen, was gut ein Jahrzehnt nach Erscheinen von Das achte Leben (für Brilka) ja in mancher Hinsicht auch hier Realität geworden ist.

Der Roman ist das vierte Buch meines Lesevorhabens 12 für 2025.

Mit der Graphic Novel Der Aufbruch ins All von Arnaud Delalande (Autor), Éric Lambert (Illustrator), Anja Kootz (Übersetzerin) geht es scheinbar in eine wesentlich friedlichere Richtung: die Raumfahrt. Aber die hat durchaus schreckliche Wurzeln, etwa die V2, erdacht und entwickelt von Wernher von Braun während des Zweiten Weltkrieges. Tausende sind durch ihren Einsatz gestorben, mehr noch bei der Produktion.

Vor allem aber stellt sich die Frage: Soll man so große Ressourcen in die Weltraumfahrt stecken? Meine Antwort ist: ja. Ich bin sehr gespannt, welche weiteren Fragen bei der Lektüre aufkommen und wie sie beantwortet werden.

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