Schriftsteller - Buchblogger

Schlagwort: Historischer Roman (Seite 1 von 17)

Qual der Titelwahl

Sessrumnir lautet der Arbeitstitel für meinen Wikinger-Roman. Damit ist in der nordischen Mythologie das Pendant zu Walhalla gemeint, das nicht unter Odins, sondern Freyas Kontrolle steht. Der richtige Roman-Titel steht mittlerweile fest, das Cover ist bereits beauftragt und irgendwann in den kommenden Wochen werde ich auch das Wort Sessrumnir in den Beiträgen ersetzen.

Bei der Wahl des Titels musste ich eine Antwort auf zwei Fragen finden. Wie  schaffe ich den Spagat zwischen alten und neuen Lesern? Wie halte ich mir die Tür für einen zweiten Band offen?

Mit Sessrumnir will ich versuchen, neue Leser zu erreichen, die meine Piratenbrüder nicht angesprochen haben. Eine Besonderheit ist, dass die Handlung an Vinland – Piratenbrüder Band 4 anknüpft, ohne dass dieses Buch bekannt sein muss. Sessrumnir soll und muss eigenständig sein, es eine Art Sequel-Spin-Off.

Vinland –  Piratenbrüder Band 4 schildert die Fahrt der Wikinger um Eillir, Stígandr und Ryldr so weit, wie sie die Handlung der Piratenbrüder betrifft. Was nach ihren Abenteuer im Westen der Welt geschieht, verlangt nach einem eigenständigen Roman. Vielleicht auch zwei, wenn ich die Handlung nicht auf maximal 500 Seiten unterbringe.

Eine neue Buch-Serie will ich nicht beginnen, was eine ganz eigene Herausforderung darstellt, denn der historische Stoff ist reich, die Überlieferung karg. Es gibt eine Menge Leerstellen, in denen sich meine fiktionalen Figuren tummeln und in die Konflikte der historischen Persönlichkeiten einmischen können.

Ob die Antwort, die ich auf beide Fragen gefunden habe, funktioniert? Das entscheiden letztlich die Leser.

Zu Beginn ein hilfreicher Reinfall

Auf das Buch habe ich mich lange gefreut und es auch in mein Lesevorhaben 12für2025 aufgenommen. Leider entpuppte es sich als Enttäuschung. Hilfreich war es dennoch.

Die erste Lektüre, die sich mit Knut dem Großen und der Eroberung Englands befasst, ist ein Reinfall. Von der reinen Abfolge der Ereignisse abgesehen, bietet sie nicht viel Brauchbares. Historiographisch ist King Cnut von W.B. Bartlett ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Darstellung und Rückschlüsse reizen zum Kopfschütteln, der Umgang mit den Quellen ist keineswegs kritisch. Plattitüden im Stile von man dürfe es nicht wörtlich nehmen, aber auch nicht alles verwerfen, öffnen Willkür bei der Auswahl und Auslegung Tür und Tor.

Gruselig sind die Bewertungen und Gegenwartsbezüge. Einen Adeligen um die Jahrtausendwende ausgerechnet als „Quisling“, also Nazi-Statthalter, zu bezeichnen, ist unseriös und irreführend. Bartlett nimmt grundsätzlich eine unangemessene „nationale“ Position ein, ein Herrschaftsgebilde wie das angelsächsische um 1000 n. Chr. darf aber nicht einfach mit modernen Kategorien beschrieben und bewertet werden. Das gilt auch für die Handlungs- und Denkweisen der historischen Akteure.

Abstrus wird es, wenn Bartlett das berüchtigte St. Brice´s Massacre allen Ernstes als Beleg für einen „failed atempt of multiculturalism“ betrachtet. Man ahnt nicht nur die hinter diesen Worten lauernde Geisteshaltung, es ist grundsätzlich unseriös, moderne Weltanschauungen (wie Multikulturalismus) auf die Vergangenheit zu übertragen. Käme irgendjemand auf die Idee, Emma von der Normandie als Feministin zu bezeichnen oder zu dieser Zeit Spuren von Wokeness, Demokratie, Faschismus oder Kommunismus zu erspähen, wäre das ebenfalls absurd.

Wie man das trotz erbärmlicher Quellenlage besser machen kann, demonstriert etwa Mischa Meier mit seinem vorzüglichen Buch Die Hunnen. Es gibt Parallelen zwischen Wikingern und Hunnen. Zum Beispiel den Versuch Roms (wie später der angelsächsischen Könige), die Raubzüge durch Geldzahlungen zu beenden. Die Bewertung Meiers ist ausgewogen, während Bartlett verurteilt und klagt, dass die historische Wirklichkeit nicht seinen Wunschvorstellungen entsprach. Er wünscht sich sogar einen Churchill herbei, um „Dünkirchen-Momente“ zu generieren.

Dabei gäbe es reichlich zu überlegen. Die Hunnen waren ein Reiterkrieger-Verband, die Wikinger etwas Ähnliches zur See. Schnelligkeit, Brutalität, fluide Zusammensetzung und Fluktuation waren beiden Raubgemeinschaften gemeinsam. Ihre Anführer hatten auch das Problem, dass zu einem gewissen Zeitpunkt Erfolge bei Raubzügen nicht mehr ausreichten, um die Gefolgschaft zufriedenzustellen und die Herrschaft zu sichern. Ein neues Konzept, nämlich die Landnahme oder -herrschaft wurde versucht – vergeblich bei Attila, teilweise erfolgreich bei den Wikingern, etwa bei Knut dem Großen.

Für meinen Wikinger-Roman ist King Cnut dennoch hilfreich. Es hat mir die Entwicklung der Eroberung Englands vor Augen geführt, viele handelnde Personen vorgestellt, einige überregionale Zusammenhänge aufgezeigt und Leerstellen offenbart, die ich mit fiktionalem Erzählstoff füllen kann.

W.B. Bartlett: King Cnut
And the Viking Conquest of England
Amberley Publishing 2016
Broschur 320 Seiten
ISBN: 978-1-44567714-9

Erwünschte Störenfriede

Unregelmäßig werde ich über meine Arbeit am historischen Roman Sessrumnir berichten. Der schließt inhaltlich an den Wikinger-Teil von Vinland – Piratenbrüder Band 4 an, ist aber eigenständig erzählt. Man muss also die Ereignisse aus Vinland nicht kennen, um Sessrumnir zu lesen.

Noch ist die Arbeit an Opfergang – Piratenbrüder Band 7, nicht ganz beendet, zwei Wochen vor dem Buchsatz stehen letzte Korrekturen auf dem Plan. Doch befasse ich mich mehr und mehr mit dem nächsten Roman, dem ich den Arbeitstitel Sessrumnir gegeben habe. Der spielt um die erste Jahrtausendwende nach Christi Geburt und erzählt die Geschichte von Eillir und den Wikingern nach dem Untergang von Vinland.  

Zunächst gilt es, die historischen Kulissen für die Bühne zu schaffen, auf der die rein fiktionalen und historischen Figuren ihr Spiel aufführen. Recherchelektüre und Versuche, das Material zu sortieren und strukturieren, stehen daher gerade im Fokus meiner Arbeit an Sessrumnir. Wie gewohnt funken kreative Ideen dazwischen. Diese Störungen sind erwünscht, sie gehören zum Schreibprozess dazu; im Grunde genommen sind sie Teil vom Schreibprozess.

Das Schreiben am Roman beginnt, indem ich mir während der Recherche immer wieder Dinge erzählend ausmale: Assoziationen, Bilder, Szenen drängeln sich in die Gedanken und unterbrechen den Lesefluss. Meist reichen ein paar Stichworte auf einem Klebezettel oder in einem Notizbuch, um diese Störenfriede wieder aus dem Kopf zu bekommen;  manchmal versuche ich, aus ihnen ein Stück Romantext zu schreiben.

So gibt es tatsächlich schon einige Fragmente zu Sessrumnir. Vor Wochen habe ich das erste Kapitel geschrieben, ein düsterer Einstieg in die Handlung. Jetzt kenne ich den historischen Moment, in dem meine fiktiven Personen auf die Bühne mit ihren Kulissen treten werden. Ein dramatischer Augenblick, in dem ein Kampf um eine Krone auf Messers Schneide steht. Zu diesem Punkt lässt sich vom ersten Kapitel erfreulicherweise ein Erzählfaden spinnen.

Die fiktionalen Personen von Sessrumnir waren zum Teil schon in Vinland – Piratenbrüder Band 4 aktiv, daher könnte ich bereits mit dem Schreiben der Rohversion anfangen. Gewöhnlich beginne ich einen Satz, ohne zu wissen, wie er endet. Das gilt auch für Absätze, Abschnitte, Kapitel und selbstverständlich für die gesamte Romanhandlung. Es ist für mich also kein Hindernis, keinen Plot oder gar eine ausgearbeitete Romanstruktur zu haben. Die Dinge ergeben sich beim Schreiben.

Es könnte also losgehen. Doch möchte ich noch etwas mehr Abstand zu meinen Piratenbrüdern gewinnen. Wenn das Manuskript von Opfergang – Piratenbrüder Band 7 für den Buchsatz versendet ist, wird es soweit sein und das neue Abenteuer kann beginnen.

Ralf Rothmann: Im Frühling sterben

Dem Roman Im Frühling sterben von Ralf Rothmann stand ich vor der Lektüre skeptisch gegenüber. Das lag an einer Lesung des Autors beim Göttinger Literaturherbst 2023, bei er Passagen aus Theorie des Regens vorgetrug. Trotz des vielversprechenden Titels haben mir die gelesenen Teile des Buches nicht besonders zugesagt, weder inhaltlich noch sprachlich. Nach der Lesung habe ich Autor Rothmann zunächst einmal in die Kategorie nicht lesenswert einsortiert.

Trotzdem habe ich nun die Lektüre seines Romans in Angriff genommen, was weniger an einigen positiven Besprechungen auf Literatur-Blogs lag, als an der schnöden Tatsache, dass ich das Buch bereits im Regal stehen hatte. Vor allem aber wegen des Themas: Erzählt wird die Geschichte von Walter, einem einfachen Melker, der im Frühling 1945 zur Waffen-SS zwangsgezogen wird und auf dem Balkan in die Blutmühle des untergehenden Hitlerreiches gerät.

Mit Rothmann als Autor bin ich nach der Lektüre von Im Frühling sterben wieder versöhnt. Der Kriegsroman hat große Stärken, die Sprache steht – wie Autor und Leser als Nicht-Zeitzeuge und erst recht nicht erlebender Augenzeuge – dem Sujet angemessen distanziert, direkt, nüchtern und frei von pathetischem oder gar belehrendem Palaver entgegen. Bei mir blieben einige Szenen unauslöschlich haften.

Zwei Hitlerjungen in einem Nachschubflieger, der beim Landeanflug von einem sowjetischen Flugzeug attackiert und abgeschossen wird. Aus der Sicht Walters wird das Geschehen ebenso knapp wie eindrücklich beschrieben, die Bilder entstehen im Kopf des Lesers. Bei diesem Beispiel wie bei Dutzenden anderen in diesem Buch, am Ende steht ein Panorama des Schreckens, ohne belehrende Nötigung durch den Autor.

Das hat mich enorm beeindruckt und ist eine der großen Qualitäten des Romans. Gelungen finde ich auch den Umgang mit dem Thema »Waffen-SS«, angefangen von der Blut-Gruppen-Tätowierung und ihre bisweilen dramatischen Folgen trotz zwangsweiser Rekrutierung bis hin zum ersten Hinweis auf die spätere Instrumentalisierung, um die Schuld der Kriegsverbrechen auf eine möglichst kleine Gruppe Deutscher zu reduzieren.

Die Zuspitzung der Dramatik durch die sich früh und allzu offen ankündigende Fahnenflucht von Walters Freund Friedrich und seine Erschießung wirken ein wenig aufgesetzt und unnötig im allgemeinen Untergang. Immerhin gelingt es Rothmann, die Szene zu motivieren und mit angemessenen Worten zu schildern. Trotzdem sticht das aus dem insgesamt sehr guten Roman eher negativ heraus.

Ralf Rothmann: Im Frühling sterben
Suhrkamp 2015
Hardcover 234 Seiten
ISBN: 978-3-518424759

»Verräter« – Piratenbrüder Band 6

Nach dem Erfolg des Aufstands auf Castelduro beginnen die Problem erst und stellen die Piratenbrüder und ihre Freunde vor gefährliche Herausforderungen.

Ausgerechnet Jason Buckler als Hoffnungsträger? Als die Piratenbrüder und Pete Larsen dem Gasthauswirt und selbsternannten »Verwalter« der Insel Castelduro zu Beginn des Romans Chatou Piratenbrüder Band 2 erstmals begegneten, hätte das keiner von ihnen für möglich gehalten. Eine aasige Kreatur, ruchlos, heimtückisch und anpassungsfähig – es ist wenig verwunderlich, dass es Buckler gelungen ist, sich Lord Cornelius Thaddaeus Warrington anzudienen. Er erweist sich als vorzüglich geeignet als Oberaufseher über die versklavten Afrikaner.

Warum sollte ausrechnet jemand wie Buckler den Jägern von John Black helfen?

Henry, Pete und die Piratenbrüder haben ohnehin noch ganz andere Sorgen. Der Aufstand der Sklaven auf Castelduro endete nur mit großer Mühe in einem Sieg, an dessen Ende es beinahe zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den Aufständischen und ihren Helfern gekommen wäre. Diese Gefahr ist keineswegs gebannt.

Mehr noch: Warrington wird mit seinen verbliebenen Linienschiffen irgendwann nach Castelduro zurückkehren und sein Eigen zurückfordern. Kämpfen käme angesichts der Übermacht einem Selbstmord gleich. Folglich sollten Henry und seine Getreuen die Insel schnellstmöglich verlassen. Damit würden sie Akono und die Aufständischen im Stich lassen, ein Dilemma, aus dem es keinen einfachen Ausweg gibt.

Verrat kennt viele Gesichter.

Verräter – Piratenbrüder Band 6

Was wirklich geschieht, übertrifft alle Befürchtungen und Erwartungen in jeder Hinsicht. Der Erfolg auf Castelduro erweist sich politisch für Henrys Ziele als Pyrrhus-Sieg, die Spanier entpuppen sich als unzuverlässige Verbündete. In London ist das zersetzende Gift der Lüge längst am Werk, inmitten einer aufgeheizten Stimmung, in der immer lauter ein Krieg gefordert wird. Vor allem anderen aber sind John Black und seine Piraten nicht müßig, was auch Joshua und Jeremiah zu spüren bekommen.

VerräterPiratenbrüder Band 6 ist das dramatische Luftholen vor dem großen Finale der Buchserie. Joshua muss sich beweisen, mit und ohne Waffe, Stück für Stück enthüllt sich eine bedrohliche Verschwörung, während die Piratenbrüder in einer längst vergessenen Festung nach dem letzten Puzzlestück des Rätsels um den Standort von John Blacks Stützpunkt fahnden.

Eine Leseprobe gibt es hier: Verräter

Das Taschenbuch (424 Seiten) ist bei Autorenwelt, Buch 7, geniallokal, Amazon & anderen Online-Buchhändlern sowie im lokalen Buchhandel erhältlich.
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