Ich schreibe vor allem über Bücher, die ich lesenswert finde. Verrisse sind Zeitverschwendung, für schlechte Bücher ist das Leben zu kurz, man sollte sie abbrechen. Wer also meine Buchvorstellungen liest, wird fast nur positive Dinge über diese Werke erfahren. Natürlich führt das zwangsweise zu Enttäuschungen. Es muss sie sogar geben.
In meinem Leseleben habe ich mehrere tausend Bücher gelesen. Die Bandbreite meiner Lektüre ist beträchtlich. Sie reicht von Heftromanen á la Perry Rhodan bis hin zu – ja, tatsächlich – Ulysses. Den habe ich gern gelesen, die Lektüre als anstrengend und spannend zugleich empfunden. Abbrechen war zu keinem Zeitpunkg eine Option.
Viele Romane, die ich in früheren Jahren einmal mochte, würde ich heute verwerfen. Bücher und Lektüren haben ihre Zeit und wenn diese vergangen ist, welkt auch die Lesefreude. Perry Rhodan habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr angerührt, aber auch richtige Literatur kann verwelken.
Das Brot der frühen Jahre schmeckt nicht mehr
Heinrich Böll etwa ist durch sein Büchlein Das Brot der frühen Jahre mitverantwortlich dafür, dass ich den Weg eingeschlagen habe, den ich gegangen bin. Zwanzig Jahre später konnte ich nicht mehr nachempfinden, was mich damals so bewegt hat. Die Erzählung wirkte stumpf und langweilig, Böll Sprache schwer erträglich.
Natürlich ist das, was ich gesagt habe, Unsinn: Nicht Bölls Buch war verantwortlich für meinen Lebensweg, meine Entscheidungen waren längst gefallen, die Erzählung ist nur der Spiegel, das Echo der in meinem Inneren ablaufenden Prozesse gewesen. Ich habe sie in das Buch hineingelesen. Jahre später sah es in meinem Innern ganz anders aus, entsprechend blieb der Spiegel blind.
Und das ist auch ein Grund, warum meine Buchvorstellungen enttäuschen können (auch mich, wenn ich das Buch später noch einmal lese). Romane und Erzählungen sind – von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen – mit einer individuellen Halbwertszeit ausgestattet. Dafür sorgt auch noch ein anderer Punkt.
Wiederholungen bleiben nicht aus
Der Berg an Büchern in meinem Leben spielt eine wichtige Rolle. Wer viel liest und keine Wiederholungen mag, wird immer für ihn Neues bevorzugen. Andere, die noch am Anfang ihres Leselebens stehen, können das so gar nicht sehen, werden das, was ich auf dem großen Berg bereits bewältigter Literatur lese, bestenfalls befremdlich finden. Sie müssen fast zwangsweise enttäuscht sein von meinen Jubelrufen.
Wenn ich aktuell einen Roman lese, der mit einer spannenden Action-Sequenz oder einer anderen Form der Konflikt-Zuspitzung beginnt und dann zurückspringt, um die Angelegenheit bis zu diesem Punkt aufzurollen, empfinde ich schon so etwas wie Langeweile. Ich breche deshalb kein Buch ab, aber mir ist das Struktur-Element so häufig begegnet, dass ich über Abwechslung froh bin.
Es geht an dieser Stelle übrigens nicht um die Kategorie: »mag ich« oder »mag ich nicht«. Die gibt es auch und sie hat ihre Berechtigung. (Horror mag ich bis heute nicht, Western, liebes– und vampirromantischen – Verzeihung – Quark auch nicht.) Nur wird fast niemand, der keine Historischen Romane mag, eine Buchvorstellung zu einem Werk aus diesem Genre lesen, geschweige denn es kaufen.
Es geht also um jene, die bereits die Schwelle des »Mag-Ich« überschritten haben, sie können trotzdem enttäuscht werden.
Enttäuschungen und Irrtümer gehören einfach dazu
Aus diesem Umstand könnte man verschiedene Schlüsse ziehen, Blogbeiträge nicht mehr zu lesen, wäre der falsche. Wer über einen gewissen Zeitraum hinweg Buchvorstellungen von einem Blogger liest und vielleicht einer oder zwei gefolgt ist, weiß in etwa, wie er »tickt«.
Sollte also ein gewisser Alexander Preuße wieder einmal das Echo der Niederungen europäischer Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts in einem Roman besingen, ist man also bereits im Bilde, wohin die literarische Reise geht. Denn bei aller Liebe zur Abwechslung: Muster kann man weder beim Schreiben noch beim Lesen vermeiden.
Am Wichtigsten ist jedoch etwas Anderes: Irrtümer und Enttäuschungen gehören zum Lesen einfach dazu. Isso.
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