Ganz am Ende habe ich mich doch geärgert, die Lektüre nicht abgebrochen zu haben. Wenn der Inhalt längst in christlich-kirchlichem Heilsschwulst versunken ist, greift der Autor noch zu einem Twist, der den Leser noch einmal so richtig überraschen soll – wie ein Drache sonntägliche Waldspaziergänger im Oberharz. Effekthascherei, zwar im Verlauf des Romans angedeutet, aber grässlich.
Vielleicht wäre es besser gewesen, Joe, die Hauptfigur des Romans Der Wal und das Ende der Welt von John Ironmonger wäre zu Beginn doch ertrunken oder von dem Wal verschluckt worden, der ihn aber leider gerettet hat. Die Geschichte wird recht langweilig erzählt, ausgewalzt in einer ich-drehenden Selbstgefälligkeit und einem von vielen Redundanzen geprägten Stil.
Was den Leser bzw. Hörer (neben dem sehr guten Vortrag durch Johann Bülow) am Leben hält, ist die Bedrohung der Welt durch eine heraufziehende Gefahr und die Idee, jemand könnte mittels eines Computerprogramms Vorhersagen treffen, wie die Menschen darauf reagieren würden, wenn die Zivilisation zusammenbricht.
Es ist durchaus begrüßenswert, wenn sich jemand gewöhnlich düster-dystopisch abgehandelten Themen mit Optimismus widmet, aber spätestens beim Eintritt der Katastrophe wird es wild. Ein biblisches Märchen, bedauerlicherweise gefährlich verharmlosend, denn was Ironmonger schreibt, ist ähnlich realistisch wie das Wandeln über Wasser.
Wir wissen aus Erfahrung längst, wie sich Menschen verhalten, regionale Katastrophen gibt es genug. Die Anständigen krepieren und das wäre auch das Schicksal von Joe und seinen Dörflern gewesen. Mord, Vergewaltigung, Versklavung, Kannibalismus, Tribalismus – man kann an zusammenbrechenden Ordnungen ausreichend studieren, was geschehen würde. Und ja – davon sind wohl Großstädte nur drei Mahlzeiten entfernt.
John Ironmonger: Der Wal und das Ende der Welt
aus dem Englischen von Maria Poets und Tobias Schnettler
Fischer Taschenbuch 2020
TB 512 Seiten
ISBN: 978-3-596-70419-4
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