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Schlagwort: Indianer (Seite 1 von 2)

Tony Hillerman: Dunkle Winde

Im vierten Krimi um die Navajo-Police hat Jim Chee nicht nur mit den kulturellen Gräben zu den Weißen zu kämpfen, sondern auch mit denen zwischen Navajo und Hopi.

Die Suche nach dem Motiv einer Tat gehört zum Wesenskern der Kriminalliteratur. Wenn eine Antwort auf die Frage nach dem Warum gefunden wurde, ist oft auch der Täter enttarnt. Die kunstvolle Verschleierung des Motivs und dessen nicht minder kunstvolle Entschleierung durch den Ermittler ist eine der Herausforderungen für den Autor. In den Romanen um die Navajo-Police spielt das Verstehen über eine tiefe kulturelle Kluften hinweg eine entscheidende Rolle.

Der vierte Roman der Buchreihe von Tony Hillerman ist wie die Vorgänger geprägt vom Grenzgang zwischen „Weißen“ und „Indianern“, letztere vertreten durch Navajo und Hopi, die wiederum selbst von großen kulturellen Unterschieden geprägt sind. Jim Chee ist Navajo, seine Fälle führen ihn zu den Hopi, von denen er einige Dinge weiß, die er im Studium durch ein anthropologisches Seminar gelernt hat.

Ein hübscher Kniff, um dem Begriff des Unterschiede verwischenden Wortes „Indianer“ seine Grenzen aufzuzeigen. Eigentlich sollte das keine allzu überraschende Erkenntnis sein. „Europäer“ meint schließlich auch kulturell sehr unterschiedliche Menschen, deren kulturelles Selbstverständnis kaum weniger weit auseinandergeht als es bei Hopi, Navajo und „Weißen“ der Fall ist.

Für den Polizisten Jim Chee erschweren die Klüfte das Verständnis und die Suche nach dem Motiv für diverse Taten. Im Kriminalroman Dunkle Winde sind gleich mehrere Fälle ganz unterschiedlicher Art zu lösen. Erst nach und nach zeigen sich Verbindungen, die teilweise zufälliger Natur sind. Auch das verkompliziert die Suche nach Antworten.

»Das ist nun mal dein Job, den Richtigen finden und festzunehmen.«

Tony Hillerman: Dunkle Winde

Am Anfang steht die Entdeckung eines übel zugerichteten Toten, die Entdecker sind Hopi, unterwegs in ritueller Angelegenheit. Das führt dazu, dass sie zunächst über den Fund schweigen. Als die Leiche schließlich entdeckt wird, sind dank fleißiger Aasfresser nur noch die Knochen übrig. Die Identifizierung des Toten ist somit einstweilen unmöglich, ein ganz wesentlicher Faktor der nachfolgenden Ereignisse.

Jim Chee ist derweil mit einer recht banal wirkenden Angelegenheit befasst. Ein Windrad wird immer wieder sabotiert. Der Täter ist hartnäckig, denn er lässt sich von den immer besseren Sicherungsmaßnahmen nicht abschrecken. Chee soll herausfinden, wer für die Beschädigungen verantwortlich ist, und den Vandalismus beenden. Kleiner Spoiler: Die Gas- und Kohlelobby steckt nicht dahinter.

Das Windrad ist keineswegs das einzige in der Gegend, mehrere sollen jene Energie gewinnen, mit der Wasser aus Brunnen gepumpt werden soll. Das ist Teil von einer Umsiedlungsaktion, die für böses Blut sorgt. Hopi haben durchgesetzt, dass Navajo das Land verlassen müssen, auf dem sie zwar schon viele Jahrzehnte wohnen, doch die ursprünglichen Rechte der anderen verletzen. So sieht es jedenfalls ein Gerichtsbeschluss.

Ein mögliches Motiv läge auf der Hand, Rache wegen der als Ungerechtigkeit empfundenen Umsiedlung. Warum aber betreffen die Anschläge nur ein Windrad? Während Chee auf der Lauer liegt, nähert sich plötzlich ein Flugzeug, das versucht, in tiefer Dunkelheit zu landen. Die Sache geht schief, zurück bleiben ein Wrack und mehrere Tote. Wie der Leser bereits weiß, ist der Flieger in krimineller Absicht unterwegs, Schmuggel, Drogen liegen nahe.

»Die quetschen die Drogen regelrecht aus Ihnen raus, und wenn nichts rauskommt, quetschen sie trotzdem weiter.«

Tony Hillerman: Dunkle Winde

Damit wird der Navajo-Polizist in eine Ermittlung hineingezogen, die über seine Zuständigkeit hinausgeht. Bundesbehörden wie die DEA sind dafür verantwortlich und einer ihrer Vertreter erweist sich nicht nur als rassistisch geprägter Weißer, sondern auch als jene sattsam bekannte Gestalt, die es mit rechtlichen Grenzen bei der Ermittlungsarbeit nicht so genau nimmt, wenn es dem Erfolg dient.

Chee gerät selbst in Verdacht, aus dem Wrack wertvolle Ladung gestohlen oder versteckt zu haben. Er findet sich unversehens in einer Doppelrolle des Jägers und Gejagten wieder. Seinen hochmütigen Gegnern ist er in mancherlei Hinsicht überlegen, etwa bei der Suche und Auslegung von Spuren. Wie in den anderen Romanen hat Hillerman das ganz großartig in seine Erzählung gewoben, sehr glaubwürdig und ohne jede Spur von Super-Ermittler-Gedöns.

Die größte Schwierigkeit Chees liegt aber im Verständnis der anderen, der „Weißen“ und der „Hopi“. Immer wieder spürt er seine Grenzen und gesteht sich offen ein, dass er den jeweils anderen nicht versteht. Durch intensives Nachdenken und geschickte Kommunikation kommt er schließlich der Wahrheit auf die Spur, auch den Umständen jenes höchst seltsamen Diebstahls von Schmuck, der so gar nicht in das gängige Muster zu passen scheint.

Dunkle Winde ist ein wunderbarer Roman der Reihe um die Navajo-Police. Ich weiß sehr zu schätzen, dass Hillerman nicht versucht, den Leser zu belehren, während er seine Ermittler auf die Suche nach der Wahrheit schickt. Man berührt ein wenig die fremdartige Kultur der indianischen Gemeinschaften, lotet die tiefen Kluften und rassistischen Abgründe aus, die auch nach der Auflösung der Fälle bleiben. Der reduzierte, dynamische und bisweilen bissig-ironischen Erzählstil machen die Lektüre zu einem unterhaltsamen Genuss.

Weitere Bücher der Reihe um die Navajo-Police:
Tanzplatz der Toten
Blinde Augen
Zeugen der Nacht

Tony Hillerman: Dunkle Winde
Ein Fall für die Navajo-Police
Aus dem Englischen von Klaus Fröba
Nach dem Original durchgesehen und überarbeitet von Andreas Heckmann
Unionsverlag 2023
Taschenbuch 256 Seiten
ISBN: 978-3-293-20956-5

Tony Hillerman: Zeugen der Nacht

Erstmals ermittelt Jim Chee für die Navajo-Police. Das hat rechtliche und keine dramaturgischen Gründe. Joe Leaphorn kehrt in Band 6 zurück und arbeitet dann mit Chee zusammen.

Im Denken der Weißen, die in diese Sache verwickelt waren, spürte er keine solche Harmonie. Für alle Unternehmungen aber war Harmonie unerlässlich. Vor allem für die Jagd. Und hier hatte es sich von Anfang an um eine Jagd gehandelt.

Tony Hillerman: Zeugen der Nacht

Die Kriminalromane von Tony Hillerman sind großartig. Auch der dritte Teil der Reihe um die Navajo-Police hat jenen Charme, der durch die ungewöhnliche Umgebung der Handlung und einige unverwechselbare Zutaten entsteht: Spannung, Spott und eine gut verdauliche Prise Mystik der indianischen Gemeinschaften.

Hillerman hat die spezifischen Aspekte aus der Kultur einer bzw. mehrerer indianischer Gemeinschaften gekonnt in die Handlung seiner Romane eingeflochten; sie sind Teil des Falles, sie erklären Motive, Ursachen und auch den Verlauf der Tat, allerdings aus einer Perspektive, die für Leser, die nicht vertraut sind mit den kulturellen Eigenheiten der Indigenen, übersetzt werden müssen.

Das übernimmt in Zeugen der Nacht Jim Chee, der an die Stelle von Joe Leaphorn, dem Ermittler der ersten beiden Teile der Reihe. Das hat rechtliche, nicht erzählerische Gründe, wenn ich mich recht erinnere. Zu einem späteren Zeitpunkt werden beide gemeinsam ermitteln, was bei mir große Vorfreude auslöst.

Aber die Art, wie die Weißen dachten, verstand Jim Chee nicht.

Tony Hillerman: Zeugen der Nacht

Chee beobachtet die „Weißen“. Das führt zu kuriosen Situationen, wenn er etwa eine »weiße« Frau kennenlernt, die ihn wiederum beobachtet. Beide sind voneinander durchaus persönlich angezogen, im „romantischen“ Sinne, doch auch voller Neugier gegenüber dem Fremden, Anderen. Diese eher unromantische, „anthropologische“ Anziehung hat Hillerman zu einer herrlichen Buddy-Erzähllinie verarbeitet.

Aus dem gegenseitigen Missverstehen ergibt sich eine Spannungsfeld. Wie immer hat das positive und negative Folgen. Chee stellt sich Fragen, auf die er so lange keine Antwort findet, bis ihm dank seiner Bekanntschaft mit einer Weißen eine Verständnis-Tür geöffnet wird, weil er einsichtig ist, um ab einem gewissen Punkt nachzufragen.

Das wirkt recht unspektakulär, ist jedoch ein ganz zentraler Aspekt bei der Aufklärung dieses Kriminalfalles (und darüber hinaus), weil dieser grenzüberschreitend zwischen zwei einander sehr fremden Kulturen stattfindet. Fast unmerklich kommt der Leser durch die Handlung auch in Berührung mit anderen Brennpunkt-Themen der US-Gesellschaft: Armut. Polizeigewalt. Drogen. Wirtschaftliche Ausbeutung. Wohlgemerkt: Der Roman ist Jahrzehnte alt.

Morgensonne fiel durch das Fenster hinter ihrem Schreibtisch und warf flammendes Licht auf ihr kurzes rotes Haar. Sie war jung und hatte diesen rosigen Teint, bei dessen Anblick Chee sich fragte, wieso die Weißen die Indianer Rothäute nannten.

Tony Hillerman: Zeugen der Nacht

Der Ermittlungsanlass, der die Geschichte in Gang setzt, ist auf den ersten Blick nebensächlich: ein eher unwichtiger Gegenstand wurde gestohlen. Aber dieser war seltsamerweise in einem Safe versteckt, dessen Lage nur wenigen bekannt war. Außerdem war der Dieb in seiner Auswahl wählerisch, denn es wurde nur diese eine Sache geklaut, obwohl er reichlich andere Dinge von Wert gab.

Chee muss schnell feststellen, dass eine Reihe von Menschen, einschließlich seines Vorgesetzten, überraschend großes Interesse an dem Diebstahl haben. Wie so oft in derartigen Fällen bricht der Schutzwall um ein längst vergangenes Geschehnis wieder auf und fordert seinen Tribut. Es gibt mehr und mehr Tote, manche sind schon lange tot, andere werden im Laufe der Ermittlungen aus dem Leben gerissen.

Auch der Ermittler gerät ins Fadenkreuz, was Hillerman zu sehr spannenden Passagen nutzt, während die Handlung vor allem durch das sich langsam entfaltende, sich aus dem Nebel mystischer Andeutungen und Rätsel herausschälende Geheimnis lebt. Der jähe Tempo- und Dynamikwechsel gehört zu den charakteristischen Merkmalen der Navajo-Police-Romane.

Ganz besonders gefallen hat mir die Gestaltung des Antagonisten, der Chee töten will. Ein Profi-Killer geht auf die Jagd. Der Attentäter geht mit einer schwärenden Wunde durchs Leben und wird auf diese Weise sehr menschlich, statt nur ein grob geschnitzter Bösewicht zu sein. Er ist – viel gefährlicher – ein verwundeter Mensch.

Weitere Bücher der Reihe um die Navajo-Police:
Tanzplatz der Toten
Blinde Augen
Dunkle Winde

Tony Hillerman: Zeugen der Nacht
Ein Fall für die Navajo-Police
Aus dem Englischen von Klaus Fröba
Unionsverlag 2022
Taschenbuch 256 Seiten
ISBN: 978-3-293-20955-8

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Ein lesenswertes Buch über die Azteken, die nicht auf die Opferrolle reduziert werden. Sie waren unterlegen, haben den Kampf gegen die Eroberer aber angenommen, nach ihren Mitteln klug geführt und letztlich dennoch verloren. Cover C.H. Beck, Bild mit Canva erstellt.

Wenn man einen modernen Atlas der Geschichte aufschlägt und nach dem Reich der Azteken sucht, findet man das Bild einer farbig markierten Fläche im heutigen Mexiko, das jenes „Azteken-Reich“ im Jahr 1521 zeigen soll. Das Beispiel ist dem Atlas von Christian Grataloup entnommen, es deutet durch schraffierte Gebiete auch eine Art Herrschaftshierarchie an, ein kleiner Kasten gibt einige weitere Informationen preis, die eine kurze geschichtliche Einordnung erlauben.

Atlanten wie Christian Grataloups Geschichte der Welt erlauben einen schnellen Zugriff auf Kartenmaterial und knappe Informationen. So erhält man eine Vorstellung davon, wo zum Beispiel die Azteken lebten, wie groß ihre Herrschaftsgebiet war oder ihr Einfluss reichte, was sich während der Lektüre eines Sachbuchs vom Format Fünfte Sonne als kritikwürdig herausstellt. Das ist kein Nachteil, den kein Atlas vermag eine Form von Wirklichkeit oder gar Wahrheit abbilden, es ist immer eine spezielle, autorgebundene Sichtweise.

Nach der Lektüre von Fünfte Sonne erweisen sich mehr oder weniger alle Aussagen als problematisch, wenigstens verkürzt oder zweifelhaft. Das liegt unter anderem daran, dass die Geschichte der Azteken auf der Basis von Quellen verfasst wurde und wird, die niemals für die europäische Geschichte des Mittelalters Verwendung finden, sondern von der Quellenkritik aussortiert werden würden. Für die Geschichte der Azteken wurden sie dennoch verwendet.

Das führt zu Zuschreibungen und Erfindungen, die dem jeweiligen Urheber und seinem Weltbild gelegen kamen bzw. kommen. Bei der Geschichtsschreibung wird also mit zweierlei Maß gemessen, wie es laut Camilla Townsend sonst nicht vorkommen würde. Man könnte hier aber durchaus auf auf die Karthager verweisen, insbesondere der von den Römern gegenüber ihren tödlichsten Gegnern immer wieder beschworene Menschenopferkult erinnert direkt an das, was über die Indios erzählt wird.

In dem kleinen Kasten aus Die Geschichte der Welt wird die Problematik im letzten Satz deutlich: Nach der Lektüre von Fünfte Sonne würde man wenigstens eine andere Formulierung gebrauchen. Da Filme wie Apocalypto eine viel größere Reichweite haben und das Bild von Millionen Zuschauern prägen, die niemals ein Geschichtsbuch oder einen Atlas in die Hand nehmen würden, ist das Bild in der breiten Öffentlichkeit noch schräger. Wer das schaut, erhält ein gruselig verzerrtes Bild der Welt Altamerikas.

Für die Indios wurden andere Standards angewendet.

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Die Azteken waren eine Hochkultur. In ihrem Welt- und Selbstbild, das sich dramatisch von dem unterscheidet, was heute noch immer kursiert, lebten sie unter der fünften Sonne – vier Universen waren zuvor bereits zusammengebrochen. Schon diese Bemerkung macht klar, dass man den Barbaren-Topos getrost in die Rumpeltruhe verbannen kann.

Dorthin gehört auch das vielfach beschworene Opfer-Motiv: Die Azteken waren tatsächlich Opfer des spanischen Expansions- und Eroberungsstrebens, ihrer Beutegier und der von Europa eingeschleppten Erreger, die verheerende Epidemien auslösten. Es wäre jedoch grundfalsch, sie auf diese Rolle zu reduzieren oder gar festzulegen, gar nicht zu reden davon, dass die Azteken ein Ende gefunden hätten.

Camilla Townsend verfolgt das erklärte Ziel, die Kontinuitäten, die Anpassung an die neuen Umstände, die Adaption kultureller und technischer Aspekte (Lateinisches Alphabet, Segelschifffahrt) und die kluge sowie geschickte Nutzung für eigene Zwecke darzustellen. Zum Beispiel erkannten die Indios sehr schnell die Vorzüge des Alphabets gegenüber ihrer eigenen Form der Aufzeichnung und verwendeten sie, um ihre eigene Geschichte zu überliefern. Es gibt also indigene Quellen – sie stellen die Rezipienten allerdings vor einige Hürden.

König Moctezuma war den Ankömmlingen einfach unterlegen, und das wusste er.

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Dieser kurze Satz aus Fünfte Sonne bietet eine Menge Sprengstoff, vor allem die letzten drei Worte. Moctezuma wird so zu einem klar denkenden, handelnden Machtmenschen, der seine Optionen wägt und auf dieser Basis Einschätzungen und Entscheidungen trifft – genau wie die Europäer! Es kann keine Rede sein von jenem Geschwurbel, nach dem die Aztekenherrscher vor allem aus religiösen Motiven entschieden und handelten, gar nicht zu reden von der Behauptung, Cortés wäre als Gott angesehen worden.

Townsend beleuchtet, wie die Ankunft der Europäer im Reich der Azteken kommuniziert wurde, welche Maßnahmen ergriffen und Entscheidungen getroffen wurden: Informationen über die Ankömmlinge sammeln, ihre Ziele und Stärke einschätzen, die eigenen Möglichkeiten abwägen und auf dieser Basis taktische und strategische Optionen erdenken.

Man wage ruhig einen vergleichenden Blick in die Gegenwart, etwa auf die deutsche Russland- bzw. Nicht-Ukraine-Politik seit 2014, insbesondere aber die Handlungen der deutschen Exekutive nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 – die Krisensituation in Moctezumas Reich war weitaus dramatischer, die eigenen Handlungsspielräume viel geringer.

Moctezuma hat sich nicht geirrt, die Spanier waren ihm haushoch überlegen. Ein paar Gründe werden immer wieder genannt, zum Beispiel Feuerwaffen oder die stählernen Rüstungen. Pferde, die es in Amerika nicht gab, waren jedoch in den Kämpfen von großer Bedeutung, aber auch die Fähigkeit, große Segelboote zu bauen, mit Kanonen zu bestücken und auf dem See um Tenochtitlan einzusetzen. Nicht zu vergessen die militärische Organisation, das Kämpfen in Haufen, geschlossenen Formationen.

Es war fast so, als wenn das Europa der Renaissance auf das alte Sumer getroffen wäre.

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Noch wichtiger war, dass Moctezuma sehr genau wusste, was er seinem eigenen Reich zumuten konnte und was nicht. Um das zu berücksichtigen, ist eine genaue Kenntnis der Herrschaft, ihrer Entstehung und Entwicklung nötig – daran gebrach es in der Vergangenheit; es ist auch recht einfach und bequem, den Azteken religiöse Beweggründe statt machtpolitischer zu unterstellen.

Das Reich der Azteken hätte hohe Verluste in lang anhaltenden Kämpfen mit den Spaniern nicht ausgehalten, das war Moctezuma völlig klar; ein langer Krieg wäre der Selbstvernichtung gleichgekommen, daher hat er die Möglichkeit gesucht, mit den Konquistadoren zu verhandeln und eine Übereinkunft zu erzielen. Von Passivität oder gar „Feigheit“ kann überhaupt keine Rede sein.

An dieser Stelle macht sich der Vorzug der ausführlichen Schilderung des Aufstiegs und der Gestalt des Aztekenreichs bezahlt, denn die Fragilität ist leichter nachzuvollziehen, wenn man bereits weiß, dass ein »Dschingis Khan zu Fuß« (mangels Pferden) die Eroberung angeführt hatte, ein komplexes Gebilde verschiedener Herrschaftsabhängigkeiten entstand, das vor allem aufgrund der Bigamie zu vielschichtigen Problemen der Herrschaftsnachfolge führte.

Der Kampf um die Macht stand bei den Azteken genauso im Fokus wie etwa in Europa, nur die Mittel, Umstände und Vorgehensweisen waren verschieden. Ein Faktor war die Polygamie, was das Problem der Nachfolge ganz anders als im monogamen Europa, aber nicht weniger kompliziert gestaltet. Die Spanier konnten auch vor diesem Hintergrund die Unzufriedenheit jener Völker oder Machtgruppen ausnutzen, die mit den Azteken über Kreuz lagen und taten dies selbstverständlich auch.

Die Mexikaner von heute betrachten Marina vielfach als Verräterin an den Ureinwohnern Amerikas. […] Niemand in Marinas Welt wäre auf die Idee gekommen, das sie dem Volk Moctezumas zu Loyalität verpflichtet gewesen wäre.

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Für die so gewonnenen Verbündeten der Spanier bzw. Cortés war das auch eine Überlebensstrategie, weshalb das immer wieder aufkommende Verrat-Geschrei völlig fehlgreift. Niemals hätten die Azteken von ihren Gegnern irgendetwas wie Loyalität erwartet; das gilt erst recht für Marina bzw. Malitzin, eine Sklavin, die ihre Sprachfähigkeiten zum Dolmetschen und Verhandeln als Teil ihres Versuches, den Sturm zu überstehen, nutzt.

Die Erzählung dieses Versuch füllt ungeheuer spannende Seiten und Kapitel, in denen das Schicksal Marinas bzw. Malitzins und ihrer Kinder ausgebreitet wird, die wechselvollen Zeitläufte der Eroberung werden so aus einer ungewöhnlichen Perspektive nachvollzogen, ebenso die völlig unhistorischen und für politische Zwecke instrumentalisierten Ansichten und Bewertungen zu diesen Personen als »Verräter«.

Moctezuma hat alles versucht, seine Macht und das Überleben seines Volkes zu sichern. Als sich ihm die Chance bot, mit militärischen Mitteln Cortés und seine Soldaten zu teilen und zu vernichten, aus der Stadt zu treiben, hat er sie genutzt, nachdem sein anfänglicher, immer wieder modifizierter Friedensplan  fruchtlos blieb. Doch letztlich war das nur ein Pyrrhus-Sieg, denn die Ressourcen seiner Gegner waren schier unerschöpflich.

Letztlich muss man konstatieren, dass die Europäer neben ihrer militärisch-technischen und kulturell-kommunikativen Überlegenheit vor allem durch unendlichen Nachschub aus Europa nicht zu besiegen waren. Selbst wenn Cortés und seine Leute vollständig vernichtet worden wären, hätte es neue Spanier gegeben, die angetreten wären, Sieg und Herrschaft irgendwann errungen hätten.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass es die Bemühungen der humanitären und fortschrittsorientierten Liberalen waren, die den indigenen Völkern Mexikos einen schweren Schlag versetzten.

Camilla Townsend: Fünfte Sonne

Teil des Epiloges ist dem gewidmet, was von der indigenen Identität übrig geblieben ist. Es gehört zu den unbequemen Erkenntnissen, dass es ausgerechnet progressive Bemühungen waren, die wegen ihrer Auswirkungen auf den Sprachgebrauch in Alltag und Verwaltung die Indigenen massiv unter Druck gesetzt haben. Fünfte Sonne mahnt auch durch diesen Zusammenhang zur Vorsicht und dazu, genau hinzusehen und zuzuhören, der Anspruch von Progressivität ist nicht gleichbedeutend mit ihrer Umsetzung.

[Rezensionsexemplar]

Camilla Townsend: Fünfte Sonne
Aus dem Englischen von Anna Leube und Wolf Heinrich Leube 
C.H. Beck 2023
Gebunden 418 Seiten
ISBN: 978-3-406-798177

Tony Hillerman: Blinde Augen

Auch der zweite Teil der Buchreihe um die Navajo-Police ist dem Autor rundherum gelungen: ein spannender Krimi mit Mehrwert. Cover Unionsverlag, Bild mit Canva erstellt.

Man könnte es sich leicht machen und einfach sagen: superspannend! Denn das ist Blinde Augen von Tony Hillerman. Bis zur Mitte des Buches tastet sich Ermittler Joe Leaphorn durch einen Dschungel an Ereignissen, verwirrenden Informationen und seltsamen Erzählungen, was seine Aufklärungsarbeit im Falle zweier Morde behindert. Ein Muster, ein Motiv fehlt.

Das bleibt auch noch lange Zeit so, doch neben dieser Grundspannung wird die Handlung dramatisch. Es beginnt eine spektakuläre Suche, Jagd, Gegenjagd, Flucht mit haarsträubenden Wendungen und tödlichen Gefahren, denen Leaphorn von der Navajo-Police ausgesetzt ist. Stück für Stück setzen sich die Motive und Ziele rund um den Mordfall schließlich zusammen.

Auch für Leser, die vorwiegend auf Handlungsspannung aus sind, ist dieser Krimi eine tolle Lektüre, sofern sie die Geduld aufbringen, in das vielschichtige Durcheinander von Sachverhalten einzutauchen und – wie Leaphorn und das FBI – erst einmal nicht zu begreifen, worum es eigentlich geht. Je mehr sich das Bild klärt, desto mehr sitzt Leaphorn in der Klemme. Das ist großartig!

Irgendwo in diesem Dschungel aus Widersprüchen, Merkwürdigkeiten, Zufällen und unwahrscheinlichen Ereignissen musste es ein Muster geben, einen Grund, etwas, das Ursache und Wirkung erkennbar werden ließ, eine Wirkung, die von den Gesetzen der natürlichen Harmonie und der Vernunft diktiert wurde.

Tony Hillerman: Blinde Augen

Doch bieten Hillermans Romane rund um die Navajo-Police eben auch viel mehr. Die beiden Toten gehörten zu einer Gruppe oder einem Zweig / Clan der Navajo, sie hauchten ihr Leben aus, während eine dritte, überlebende Person ein Gesangsritual ausführte. Wieder ist es faszinierend, wie es dem Autor gelingt, Mythologie und Riten der indianischen Gemeinschaften mit dem Fall zu verweben, ja, diesen darauf zu gründen.

Die Person Joe Leaphorn wirkt auch deswegen so authentisch, weil sie ihre indianischen Wurzeln mit einer vernunftbasierten Weltsicht verbindet. Im Zuge seiner Ermittlungen trifft er auf die Überlebende der Morde, als diese gerade an einem Initiations-Ritus teilnimmt, der eine ganze Nacht andauert. Leaphorn reiht sich ein, ein Fremder, Polizist zudem, der aus traditioneller Gastfreundschaft offen aufgenommen wird.

Diese Szene entfaltet beim Leser eine große Wärme, denn sie ist kein bloßes Echo der weithin bekannten »Indianer«-Klischees. Leaphorn empfindet plötzlich einen »wilden Stolz auf sein Volk und die Feier«, denn sie ist auch ein Zeichen der Gleichstellung von Mann und Frau hinsichtlich der Bewahrung des »Navajo Way« bei den Diné. Und dieser Weg zielt auf die »Harmonie mit der Zeit« – eine wesentliche Voraussetzung, um in einer sich wandelnden Welt zu überleben.

Und so passen sich die ewigen Navajo an und blieben bestehen, während die Kiowa vernichtet wurden, die Ute in hoffnungsloser Armut versanken und die Hopi sich ins Innere ihre Kivas zurückzogen.

Tony Hillerman: Blinde Augen

Hinter solchen Aussagen, die kunstvoll in den Gang der Handlung eingeflochten sind, lässt sich die ungeheure Vielfalt erahnen, die von Worten wie »Indianer« eher verborgen und übergangen werden. Doch Hillerman bleibt dabei nicht stehen, er lässt seine indianischen Figuren ganz menschlich lästern, spotten und sich lustig machen, über fremde Gemeinschaften, Weiße und in sehr spezieller Weise auch über die eigenen Leute und ihre Sonderlichkeiten.

Wirklich bemerkenswert ist, wie in diesem Roman mit Aberglaube umgegangen wird. Hexer gehören beispielsweise in die mythische Welt der Navajo, in der vernunftbasierten sind sie selbstverständlich ausgeschlossen. Hillerman nutzt jedoch einen Kniff, um das Nebeneinander von Moderne und Rückständigkeit, Wissen und religiösem (Aber-)Glauben für die Auflösung des Kriminalfalls zu verwenden.

So verschleiert das abergläubische Geraune die Wahrheit, zugleich gibt es aber jenen, die Begriffe aus dem vernebelten Graubereich übersetzen können, Hinweise auf das, was sich tatsächlich zugetragen hat. Um das Rätsel der Morde und einiger anderer Fälle zu lösen, muss Leaphorn also während seiner Suche nach der Wahrheit alles im Auge behalten; Glaube und Aberglaube dürfen nicht einfach ignoriert werden.

Zu den großen Stärken des Romans Blinde Augen gehören auch die Figuren, die ich allesamt als sehr gelungen empfand. Peu á peu erweitert sich das Arsenal, da taucht die schöne Weiße auf, eine Horde Pfadfinder ist in der Gegend, das FBI natürlich, Vorgesetzte, Zeugen und Informanten – und alles in einer Landschaft, die man im Buch zwar nicht sehen kann, die zwischen den Worten und Zeilen jedoch aufschimmert in ihrer majestätischen Pracht.

Weitere Bücher der Reihe um die Navajo-Police:
Tanzplatz der Toten
Zeugen der Nacht
Dunkle Winde

[Rezensionsexemplar]

Tony Hillerman: Blinde Augen
Aus dem Englischen von Friedrich A. Hofschuster
Unionsverlag 2023
TB 272 Seiten
ISBN: 978-3-293-20954-1

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Wunderbarer Sarkasmus gehört dazu, wenn die Navajo-Police ihre Ermittlungen aufnimmt. Der Auftaktband war sehr überzeugend. Cover Unionsverlag, Bild mit Canva erstellt.

Warum? Warum? Warum? Polizisten, Detektive, Agenten – Ermittler aller Art sind immer auf der Jagd nach dem Motiv, dem Beweggrund für eine Tat, welcher Natur sie auch immer sein mag. Autoren von Romanen mit kriminalistischem Kern brauchen also eine Quelle, aus der sie Motive schöpfen können; Tatmotive für ihre Täter und Handlungsmotive für ihre Figuren.

Tony Hillermans Quelle für Tanzplatz der Toten ist die Mythologie der Zuñi, einer indianischen Gemeinschaft in den USA. Der Ermittler, Joe Leaphorn, gehört aber den Navajo an, wie schon der Klappentext informiert, hält er sich gewöhnlich aus den Angelegenheiten der Zuñi heraus. Im Handlungsverlauf klingt die Kluft zwischen beiden Gemeinschaften immer wieder an, es gibt eine überraschend klare Abgrenzung in „wir“ und „sie“.

Sollte sich die Zuñi-Fliege tatsächlich dazu herablassen, über die Hand eines Navajo zu spazieren?

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Es liegt einige Bitterkeit in diesen Worten, aber auch eine gehörige Portion Ironie. Leaphorn macht von ironischen Betrachtungen und Äußerungen dosiert Gebrauch. Dosiert beschreibt auch treffend die Figurengestaltung: Hillerman lässt bemerkenswert viel von seinem Charakter unerklärt, eine Reihe von Facetten der Persönlichkeit des Navajo kann der Leser aus seinen Worten und Handlungen erschließen.

Das ist eine sehr schöne Herangehensweise, denn so wird der Leser immer wieder überrascht, während sich das Bild von Lieutenant Joe Leaphorn weiter zusammensetzt. Da es sich um den Auftakt einer Buchreihe handelt, hat sich der Autor für die folgenden Bände jede Menge Spielraum für die Entwicklung dieser Romanfigur belassen, was sehr zu begrüßen ist.

Trotz des Trennenden sind die beiden Jungen George und Ernesto miteinander befreundet, ja, der Navajo George möchte gern Zuñi sein, von der einen in die andere Gemeinschaft wechseln. Das ist faktisch unmöglich und zugleich der Ausgangspunkt eines Dramas, an dessen Anfang das Verschwinden beider Jungen steht, und das immer weitere Kreise zieht.

Leaphorn ist durch die unterschiedliche Zugehörigkeit der Jungen gezwungen, bei seiner Ermittlung mit den den Kollegen der Zuñi zusammenzuarbeiten. Nolens, volens, versteht sich. Die Spurensuche entfaltet vor den Augen des Lesers viele interessante Details der Lebenswirklichkeit der indianischen Gemeinschaften, ohne je in anthropologischen Info-Dump zu verfallen.

In die Kultur der Navajo will ich die Leser und Leserinnen hineinziehen.

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Die Umstände sind allesamt eng mit der Auflösung des Falles verbunden, gleichgültig, ob es sich um soziale Faktoren wie Trunksucht, Armut, bürokratische Aspekte wie die Zuständigkeiten oder Grenzverläufe oder eben die Mythologie handelt. Zu den ganz besonderen Momenten gehört das Gespräch Leaphorns mit einem katholischen Geistlichen (ausgerechnet!) über die beiden Jungen und die Mythen der Zuñi – ein Schlüssel für die Handlungsmotivation von George.

Zuhören und Geduld sind zwei der wichtigsten Ermittlungsmethoden des Navajo-Polizisten, Leaphorn bringt oft durch aufmerksames Schweigen seine Gegenüber zum Reden. Außerdem ist er ein brillanter Spurenleser, ein Motiv, das clichéhaft in Western aller Art vorkommt und von Hillerman geschickt adaptiert, aufgewertet und in seine Geschichte eingeflochten wurde.

Dort hatte er sich umgedreht, sich niedergehockt, wie seine Fußabdrücke mit dem stärker belasteten Ballen verrieten, und hatte mit dem Gesicht zur Lichtung gewartet.

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Leaphorn ist in der Lage, Geschehnisse aus Spuren durch seine genaue Beobachtungsgabe zu rekonstruieren. Dabei greift er auch auf andere für den mitteleuropäisch sozialisierten Leser ungewöhnliche Kenntnisse zurück, etwa Aspekte der rituellen Jagd: Sie weisen ihn auf Abweichungen von der Norm hin, aus denen er bestimmte Rückschlüsse über das Verhalten des Jägers ziehen kann.

Das wirkt alles sehr authentisch und erhöht die Spannung immens. Dazu trägt auch bei, dass der Ermittler dem Pfad der Rationalität folgt, Unlogik ist ihm verhasst. Er extrahiert die wichtigen Fakten aus den zum Teil surreal wirkenden mythologisch geprägten Erzählungen, wodurch diese (wie auch die Ermittlungen) nicht zu esoterischem Gedöns verkommen. 

Er hatte plötzlich das Gefühl, von der Wirklichkeit ins Surreale zu wechseln.

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Die indianischen Gemeinschaften sind dabei nicht nur unter sich. Auch der »Weiße Mann« ist in der Gegend, in Gestalt von Forschern, die auf der Suche nach bahnbrechenden Erkenntnissen über den Folsom-Menschen graben, oder einer Schar Hippies, die Hippie-Dinge tun. Auch das FBI gibt sich die Ehre und wird – geradezu klassisch – mit einigem verächtlichen Spott überzogen.

Der in seinem Äußeren wie Denken fast geklont wirkende Agent O´Malley, „zackiger Haarschnitt, sauber gewaschen, geschniegelt und unbelastet von übermäßiger Intelligenz“, tappt bei seinem Auftreten zielsicher in einer Reihe von Fettnäpfchen, die von den Navajo und Zuñi einträchtig mit sarkastischen Kommentaren quittiert werden.

Mein Daddy hatte eben doch recht, sagte Pasquaanti. Trau keiner verdammten Rothaut, hat er immer gesagt.

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Pasquaanti vertritt die Zuñi-Police, er ist derjenige, mit dem Leaphorn im Fall der beiden vermissten Jungen kooperiert. Die aus vielen anderen Büchern und Filmen sattsam bekannte Zugeknöpftheit des FBI bekommt hier eine rassistische Note. Die Perspektive des Romans bringt umgekehrt einige – für mich sehr schöne und auch komische – Sichtweisen mit sich.

Das Auftreten des FBI ist keineswegs nur eine Art Gimmick. Es zeigt die Eskalation des Falles und der Ermittlungen, die Suche nach Vermissten wird zur Jagd nach einem Mörder und berührt ganz andere Bereiche, wie Drogenhandel. So zeitlos der Roman wirkt, an einigen Stellen schimmert durch, dass er Anfang der 1970er Jahre verfasst wurde. In Vietnam kämpfen die USA noch immer ihren verlorenen Krieg, ein Nebeneffekt ist der steigende Drogenkonsum.

Die indianischen Gemeinschaften leben nicht isoliert von der übrigen Welt, auch der Ermittler Leaphorn nicht. Ganz am Ende des Romans wird seine Neugier deutlich, die vorher schon mehrfach angedeutet wird. Der „Weiße Mann“ gehe an die Dinge völlig anders heran, als „wir Indianer“; so verabschiedet er sich aus dem Roman mit der Ankündigung, er wolle „noch mehr darüber herausfinden, was in den Weißen vor sich geht.“ Angesichts des verheißungsvollen Auftakts eine Einladung für die ausstehenden Teile, der ich gern Folge leisten werden.

Weitere Bücher der Reihe um die Navajo-Police:
Blinde Augen
Zeugen der Nacht
Dunkle Winde

[Rezensionsexemplar]

Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten
aus dem Englischen von Helmut Eilers
Unionsverlag 2023
TB 224 Seiten
ISBN 978-3-293-20953-4

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