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Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere

Nach der Lektüre fühlte ich mich, als wäre über mich eine Staffel Eurofighter im Tiefflug hinweggedonnert. Cover C.H.Beck, Bild mit Canva erstellt.

Zu Beginn seines Buches wählt Giuliano da Empoli das anschauliche Bild eines Epochenbruchs, der mehrere Jahrhunderte in Vergangenheit zurückliegt. Er schildert, wie die politische Elite des Aztekenreichs, Herrscher Moctezuma II. und seine Berater, auf die Kunde von der Ankunft der Spanier um Hernán Cortés reagierten. Zunächst betont da Empoli die Fremdheit der Ankömmlinge in der Wahrnehmungswelt der Azteken, ein zentrales Motiv. Es erschwert die Einschätzung, mit wem man es zu tun hat und welche Absichten die Fremden verfolgen.

Undurchdringliche Rüstungen, Feuerwaffen, Kampftaktik und Pferde ließen kaum einen Zweifel an deren technologischer Überlegenheit, dennoch wäre es laut da Empolis möglich gewesen, die wenigen Spanier in Meer zu werfen. Das Problem lag in der Einordnung der Fremden, die nur innehalb der eigenen Vorstellung, des Referenzrahmens geschehen konnte: Waren es Barbaren, Götter oder gar eine Verkörperung des eins vertriebenen Quetzalcóatl? Die Reaktion auf die Ankunft hing von der Beantwortung der Fragen ab. Angesichts der fehlenden Eindeutigkeit geschah – nichts.

In der Zwickmühle einander widersprechender Meinungen tat der Herrscher, was Politiker aller Zeiten in solchen Situationen tun: Er entschied, sich nicht zu entscheiden.

Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere

Das meint, Moctezuma entschied sich gegen den Krieg, um in das eigene Herrschaftsgebiet eindringenden Fremden zu vernichten, also gegen einen schmerzhaften und riskanten Schritt mit unwägbarem Ende. Stattdessen habe er Botschafter und Geschenke geschickt, ihnen jedoch den Zutritt zu seiner Hauptstatt verweigert. Am Ende dieser Zögerlichkeit habe er Krieg und Schande geerntet, »was in allen Zeiten aus dergleichen Zögerlichkeit hervorgeht.«

Diese Interpretation von Moctezumas Verhalten wird dem Aztekenherrscher möglicherweise nicht gerecht, folgt man neueren Forschungen, wie etwa Camilla Townsends Fünfte Sonne. Sie bestreitet die Vorherrschaft religiös motivierter gegenüber rationalen Einschätzungen, unterstreicht die technologische Unterlegenheit (»die Welt der Sumerer trifft auf die Renaissance«) bei gleichzeitiger Entschlossenheit der Eroberer und verweist auf die begrenzten Ressourcen des aztekischen Herrschaftsbereiches. Alles zusammengenommen machte einen militärischen Erfolg gegen die Spanier unwahrscheinlich. Trotzdem widerlegt das da Empolis Vergleich keineswegs, im Gegenteil.

Moderne Herrscher können sie nicht wie der von Da Empoli skizzierte Moctezuma auf Unwissen berufen. Sie wissen zum Beispiel in Bezug auf Wladimir Putin sehr genau, was auf sie zukommt; gleiches gilt für China. Auch die erodierende Wirkung der Sozialen Medien auf die Fundamente der Macht ist ihnen mittlerweile bekannt, sie ahnen, dass KI es nicht besser machen lässt. Trotzdem verweigern sie entschlossenes Handeln, obwohl sie – anders als der tragische Aztekenherrscher – eben nicht unterlegen sind bzw. im Falle der KI waren. Im Grunde genommen ist das Versagen also noch viel dramatischer als von Da Empoli für Moctezuma skizziert.

So oder so folgte der Ankunft der Spanier die Auslöschung der Azteken und anderer indigener Völker, die Versklavung von Millionen Menschen, die Ausbeutung südamerikanischer Silbervorkommen, womit endlose Kriege in Europa einschließlich der Abholzung ganzer Landstriche finanziert wurden. Darin liegt eine Botschaft von Die Stunde der Raubtiere, dass nämlich derartige Verheerungen auch durch die modernen Technologie-Konquistadoren verursacht werden. Wenn blöd läuft, eine globale Unterwerfung, vielleicht auch die Auslöschung der Menschheit.

Konfrontiert mit Blitz und Donner des Internets, der sozialen Netzwerke und der KI, unterwarfen sie [die Politiker A.P.]  sich in der Hoffnung, ein wenig Feenstaub werde auch auf sie niedergehen.

Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere

Da Empoli spricht in seiner sehr persönlichen Analyse von »Degradierungsritualen«, denen er in den vergangenen Jahrzehnten beigewohnt habe. Was er dann in wenigen Sätzen skizziert, ist niederschmetternd, denn es zitiert Bilder, dem jeder Leser von TV-Bildschirmen, aus dem Internet oder der Tagezeitung kennt. Nur unterfüttert er sie mit einer Auslegung, die sich diametral von den Medien unterscheidet; er beruft sich auf seine Erfahrung als politisch Aktiver, Berater und Beobachter. Da alles steht auf den ersten zweieinhalb Seiten. Dem Leser kann dabei schon apokalyptisch zumute werden.

Das Gefühl verstärkt sich während der Lektüre von Die Stunde der Raubtiere. Immer wieder greift der Autor auf historische Motive zurück, vor allem den Untergang der Republik von Florenz, aber auch auf die von Niccoló Macchiavelli beschriebenen Borgia. An deren Handlungsweisen spiegelt er moderne Machtergreifungs- und sicherungsstrategien, etwa die des Mohamed Ben Salman, einer »Figur, die ummittelbar Macchiavellis Werk entstiegen ist.«

Eine besondere Rolle bei den historischen und modernen »Borgianern« spielt die Aktion, die rasche, zielgerichtete und vor allem überraschende Handlung. Das Ziel, so Da Empoli, liegt in der »Schockstarre«, die auf eine Aktion folge. Damit bekommt der Beginn des Buches, die Betonung der Handlungsunfähigkeit und –unwilligkeit moderner Politiker ein noch viel stärkeres Gewicht. Hier wird ein wichtiger Grund für die mit den Händen zu greifende Wehrlosigkeit des gewohnten Politikbetriebes genannt.

Das Zeitfenster, in dem ein Regulierungssystem noch hätte eingerichtet werden können, hat sich heute wieder geschlossen.

Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere

Die Einschätzung ist dramatisch. Das Kind liegt im Brunnen und ertrinkt. Damit geht Da Empoli noch über Anne Applebaum oder Timothy Snyder hinaus, die solche Regulierungen als Gegenmaßnahmen empfohlen haben. Dafür ist es zu spät, die Macht der global agierenden Konzerne und die Ruchlosigkeit ihrer Schöpfer und Lenker zu groß; sie brauchen sich längst nicht mehr hinter vorgeschützter Harmlosigkeit zu verstecken.

Die Kapitel, in denen sich das Buch mit den US-Demokraten befasst, werden vielen links-progressiven Lesern übel aufstoßen. Wer aus diesen Kreisen hört schon gern, dass für die Borgianer der »Wokismus ein gefundenes Fressen [ist], der ideale Brennstoff, um ihre Chaosmaschinerie am Laufen zu halten.«? Anhand eines dramatischen Treffens anlässlich von Obamas Abschied aus dem Weißen Haus im November 2017 zeigt Da Empoli, welche Steilvorlagen aus diesem Bereich für die Trumpisten gegeben wurden und bis in die Gegenwart gegeben werden.

Dummerweise hülfe auch ein wenig mehr Klugheit möglicherweise nicht (mehr) weiter. Der für mich haarsträubendste Abschnitt befasst sich mit dem Putsch der Bolschewisten unter der Führung von Leo Trotzki im Herbst 1917. Alexander Kerenski, der die Macht in den Händen hielt, war laut Da Empoli weder schwach noch unfähig, obendrein entschlossen. Trotzdem fegten ihn eine Handvoll Bolschewisten hinweg, weil diese die überkommene Aufstands-Schlachtordnung umstürzten.

Der wahre Antizipationsroman über die KI ist Der Prozess von Kafka, in dem niemand versteht, was vor sich geht, weder der Angeklagte noch die Richter, die ihn anklagen, und doch nehmen die Ereignisse unaufhaltsam ihren Lauf.

Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere

Das Zitat müsste vielleicht noch durch Kafkas Das Schloss erweitert werden, auf das sich Da Empoli auch bezieht. Am Ende führt der Autor noch vor, wie die Neue Welt unter der digitalen Fuchtel aussieht. Nicht aussehen könnte, denn »für einige ist das Schloss bereits da«, beispielsweise die Zusteller. Oder das Örtchen Lieusaint in Frankreich, das bereits spürt, wie es ist, unter der Optimierungs-Zuchtrute einer KI zu leben. Der Brückenschlag macht aus der bis dahin bildgewaltigen, aber eher abstrakten, literarisch unterfütterten Darstellung schlagartig Alltagsrealität. Der Leser fühlt sich, als wäre eine Staffel Eurofighter im Tiefflug über ihn hinweggedonnert.

Ich bedanke mich für das Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag C.H. Beck zur Verfügung gestellt wurde.

Giuliano Da Empoli: Die Stunde der Raubtiere
Macht und Gewalt der neuen Fürsten
Aus dem Französischen von Michaela Meßner
C.H. Beck 2025
Klappenbroschur 128 Seiten
ISBN: 978-3-406-83821-7

T.C. Boyle: Blue Skies

Am besten hat mir der Umgang mit den Figuren im Roman gefallen, die ausnahmslos nicht für identifikatorisches Lesen taugen. Cover Hanser Verlag, Bild mit Canva erstellt.

Zu den großen Stärken des Romans Blue Skies von T.C. Boyle gehört sein kommentarloser Stil, mit dem der Autor die Figuren in einer Welt agieren lässt, die von der Erderhitzung heimgesucht wird. Nur wenige Personen handeln an wenigen Orten, beim Lesen habe ich mir die Frage gestellt, ob die Handlung nicht recht einfach als Theaterstück umzusetzen wäre.

Wer identifikatorisch liest, gerät bei Blue Skies an eine fast undurchlässige Grenze, denn alle Personen sind makelbehaftet. Boyle lotet einen Teil der menschlichen Abgründe aus, nicht zuletzt den verheerenden Missbrauch von Alkohol. Das hat mir außerordentlich gut gefallen, es schafft eine begrüßenswerte Distanz zu den Figuren. In Blue Skies gibt es keine klassische Retter-Figur wie in Hollywood-Katastrophenfilmen.

Als europäischer Leser muss man mit direkten Übertragungen vorsichtig sein, zumal ich den Verdacht hege, amerikanische Literatur sei gezielt auf die Lesebedürfnisse amerikanische Leser getrimmt. Gesellschaftliche Konventionen, gegenseitiger Umgang und der Life-Style der US-Gesellschaft stehen im Fokus, die Klima-Katastrophe ist eher eine aktive Kulisse. Diese wirkt auf das Leben der Romanpersonen ein, von einer konsequenten Dystopie im Stile von Cormac McCarthys Die Straße ist Blue Skies weit entfernt.

Kurios, dass alle einfach weitermachen, sich in kleinstmöglichen Teilen anpassen, ohne eine grundsätzliche Änderung der Lebensweise vorzunehmen. Man fährt mit seinem Auto durch kniehohes Meerwasser, überflutete Straßen gehören zur Normalität, ein Boot wird zum alltäglichen Mobilitätsvehikel. Und doch werden Schlangen verkauft, wird Barcadi promotet, gestritten, betrogen, gelogen als gäbe es noch abertausend Morgen. Der Topos, dass sich alle zusammenreißen und – noch märchenhafter – ein gesamtgesellschaftlicher Umschwung erfolgt, wird hier konsequent negiert. Die Menschen stecken in ihren Mustern fest.

Manche Dinge in diesem Roman wirken unausgegoren: Inmitten harscher Trockenheit und Wasserknappheit ist der Pool noch gefüllt, als gäbe es keine Verdunstung. Die Spülmaschine läuft ununterbrochen, merkwürdig bei knappem Wasser und langen Stromausfällen. Ungereimtheiten, die übertroffen werden vom Romanende, mit dem ich hadere. Ein Natur-Elysium (als Hoffnungsschimmer?), wie es kitschiger kaum sein könnte. Ausgerechnet ein Milliardär unternimmt etwas gegen die Erderhitzung, was in der garstigen Gegenwart unserer Tage wenigstens für Naserümpfen sorgt.

Trotz einiger Kritikpunkte überwiegt bei mir der positive Eindruck. Ich habe das Buch teilweise gehört und auf Deutsch sowie im Original gelesen. Der Hörbuch-Vortrag war mir zu schnodderig, die Ironie und Komik, die Boyle in sein Erzählen eingeflochten hat, wurden so übergebügelt. Ob ich die im Original ausreichend wahrgenommen hätte, sei einmal dahingestellt.

T.C. Boyle: Blue Skies
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag 2023
Gebunden 400 Seiten
ISBN 978-3-446-27689-5

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte

Das Zitat soll zeigen, dass Militärgeschichte keineswegs auf Schlachten, Militärtechnik und Strategien beschränkt ist, sie ist vielmehr ein wichtiger Bestandteil der Allgemeingeschichte. Cover C.H.Beck, Bild mit Canva erstellt.

Einer Mammutaufgabe hat sich Stig Förster mit seiner Darstellung Deutsche Militärgeschichte verschrieben. So stehen ihm für den Zweiten Weltkrieg rund 180 Seiten zur Verfügung, bei anderen Darstellungen, wie etwa der mehrbändigen Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, sind es tausende. Es ist eine Herausforderung, die unübersichtliche Masse an Ereignissen und Entwicklungen zwischen 1939 und 1945 auf eine angemessene Weise zu komprimieren.

Förster weist im Vorwort darauf hin, dass er gerade beim Zweiten Weltkrieg die Darstellung straffen musste, um die Lesbarkeit seines immerhin fast 1.300 Seiten starken Buches zu erhalten. Seine Militärgeschichte sollte kein Handbuch und kein Lexikon werden, sondern eine lesbare Abhandlung für ein möglichst breites Publikum. Zu wichtig ist das Thema, um es im Regal verstauben zu lassen, die interessierte Öffentlichkeit sollte sich damit auseinandersetzen.

Das liegt keineswegs nur an Putins Angriff auf die Ukraine im Jahr 2014 und den vollumfänglichen Vernichtungskrieg Russlands seit 2022, sondern auch daran, dass Militärgeschichte integraler Bestandteil der allgemeinen Geschichte ist. Die vielfältigen Wechselwirkungen zu anderen Forschungsgebieten zeigen sich allein darin, wie viele Fachrichtungen Stig Förster in seiner Darstellung berücksichtigt hat. Schön, dass es keine Berührungsängste und Vorbehalte gab, so dass auch Genderstudies eingeflossen sind, wenn sie etwas zum Thema beitragen konnten.

Militärgeschichte ist zu wichtig, um sie als etwas Unappetitliches abzutun, das man Waffennarren und Lehrstuhlfeldherren überlassen kann.

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte

Es gilt als Binsenweisheit, dass Militär und technologische Entwicklung Hand in Hand gehen. Die bemannte Raumfahrt etwa hat ihre Wurzeln im deutschen Raketenprogramm während des Zweiten Weltkrieges, der Erste Weltkrieg verpasste der Luftfahrt einen immensen Schub. Die Entwicklung wäre in beiden Fällen eher langsamer verlaufen. Zu Beginn der Frühen Neuzeit war das mangels institutioneller und intellektueller „Infrastruktur“ etwas anders, wie die ersten Kapitel des Buches zeigen. Hier liegt der Fokus auf der gesellschaftlichen Veränderung, die sich im Militärischen spiegelt; und auch umgekehrt.

Ansatzpunkt der Darstellung ist eine kleine Schlacht im August 1479 bei Guinegate. Förster entwickelt daran den Übergang vom mittelalterlichen Ritterheer zum komplexer strukturierten Heer mit Gewalthaufen, Handwaffenschützen, leichter Reiterei und Artillerie. Statt adeliger Kriegselite fochten nun einfache Leute, die allerdings langwierig und teuer ausgebildet werden mussten. Mein Eindruck ist, dass in diesem Zeitraum der technologische Fortschritt (Übergang zu Feuerwaffen) eher parallel zu dieser taktisch-gesellschaftlichen Entwicklung lief, ohne ihn in späterer Zeit wie ein Katalysator zu beschleunigen.

Dem frühneuzeitlichen Staat fehlten auf allen Ebenen die nötigen Mittel, um stehende Heere zu finanzieren. Kriegsunternehmer mit Söldnertruppen sprangen in die Bresche, mit vielfältigen, oft unerwünschten Folgen. Der Vergleich mit der Gegenwart (Wagner, Blackwater) drängt sich auf, wenngleich die Beweggründe für den Einsatz nichtstaatlicher Gewaltkräfte ganz andere sind. Die Nebenwirkungen sind es nicht: Kriegsverbrechen, Verheerungen, Staatsstreiche, Putschversuche.

Während der frühneuzeitliche Staat über Jahrhunderte bemüht war, mehr Kontrolle zu erlangen, scheint sich die Entwicklung umzukehren. Warum ist das so? In diesem Fall kommt man aber um die seit mehreren Jahrzehnten propagierte Ideologie des Neo-Liberalismus als Erklärung nicht herum. Sinkende staatliche Budgets lassen sich durch Schattenhaushalte, verdeckte (Privat-)Armeen, die sich – wie bei Wagner in Afrika – selbst finanzieren, ausgleichen; oder durch einen aus geopolitischer Naivität gewebten Schleier namens „Friedensdividende“.

Bei der Besprechung eines inhaltlich weit gespannten Werkes wie Deutsche Militärgeschichte über einen Zeitraum von fünfhundert Jahren läuft man Gefahr, sich in Allgemeinplätzen zu verlieren. Eine davon wäre, dass ein solches Vorhaben zwangsläufig Verkürzungen gegenüber Detail-Darstellungen mit sich bringt. Daher fokussiere ich mich auf einen recht kleinen Ausschnitt, um zu zeigen, wie im vorliegenden Fall mit der Notwendigkeit zur Verkürzung umgegangen wird.

Grundsätzlich bietet ein Längsschnitt durch die Zeit den Vorzug, dass bemerkenswerte Parallelen auffallen. Die Rückkehr der Söldner ist nur ein Beispiel. Dieses Sujet ist eng verbunden mit der Person des Kriegsunternehmers, der in unserer Gegenwart ebenfalls wieder auftaucht. Für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges wird das Phänomen geradezu personifiziert durch Albrecht von Wallenstein.

Wallenstein war zweifellos der größte Kriegsunternehmer des Dreißigjährigen Krieges und vielleicht sogar aller Zeiten.

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte

Das Zitat zeigt, worauf Stig Förster bei Albrecht von Wallenstein in Deutsche Militärgeschichte den Fokus legt. Ein Kriegsunternehmer, der das im Dreißigjährigen Krieg vorherrschende Prinzip der „Kriegsfinanzierung durch organisierten Raub“ perfektionierte. Der rudimentär ausgebildete Staat konnte und wollte die Truppen nicht auf andere, heute vertraute Weise bezahlen. Es herrschte also eine (zwangsweise) Interessenidentität zwischen Kriegsunternehmer und Herrschenden.

Außerdem fehlte wegen unterentwickelter Strukturen eine Alternative. Kriegsunternehmer wie Albrecht von Wallenstein, Ernst von Mansfeld, Christian von Halberstadt und Bernhard von Weimar kamen also nicht aus dem Nichts, wendeten sich dem Feld auch nicht nur aus Ruhmsucht, Bereicherungsstreben oder gar persönlicher Niedertracht zu. Wallenstein erscheint auch in anderen Zusammenhängen: Diplomat; Bauherr; Bildungsmäzen; Herrscher, nicht zuletzt begnadeter Organisator und Feldherr.

Auch Stig Förster weist darauf hin, dass Wallenstein die den kaiserlichen und spanischen Truppen überlegene Schlachttaktik der Schweden durch den Wechsel auf eine andere, weniger anfällige taktische Vorgehensweise konterte, Gustav II. Adolfs Siegeszug bei Nürnberg stoppte und den Schwedenkönig zum Rückzug zwang. Mit Wallenstein verbindet sich obendrein der einzige tragfähige Friedensschluss (mit Dänemark) zwischen 1618 und 1648. Seine Selbstbereicherung war flankiert von modern anmutenden Infrastrukturmaßnahmen (über Kriegsgüter hinaus) in den erworbenen Landen, jener sprichwörtlichen Terra Felix. Die Ermordung kam einer Universitätsgründung zuvor.

Auffallend war, dass die Kriegsherren (Kaiser, Könige und Fürsten) und deren Regierungen zunehmend bestrebt waren, die teuren, schwer kontrollierbaren, eigenmächtigen und oft auch korrupten Kriegsunternehmer, die so viel Schaden anrichteten, auszuschalten.

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte

Wallenstein war selbst Fürst, Herzog und Landesherr, im Kreis dieser Reichselite aber ein Homo Novus mit nicht allzu weit in die Vergangenheit reichenden familiären Wurzeln. Er war dank seiner Nähe zum Kaiser aufgestiegen, hatte sich unentbehrlich gemacht und versuchte sich im Kreis der Hochgestellten zu etablieren. Er „verstaatlichte“ sich in gewisser Hinsicht und wurde (zu) mächtig. Insofern spricht einiges für das Diktum, nicht Wallenstein sei ermordet worden, sondern der Herzog von Friedland.

Dennoch ist der Fokus auf den Kriegsunternehmer eine notwendige und richtige Verkürzung im Rahmen der Darstellung Deutsche Militärgeschichte. Dort geht es um die spezifische Form der Kriegführung und ihre verheerenden Auswirkungen auf Land und Leute. Wallenstein war ja tatsächlich auch Kriegsunternehmer und an den Verheerungen zum eigenen Vorteil abseits der eigenen Länder beteiligt. In den Gebieten der Gegner wüteten auch seine Heere, herumziehende Todeskolonnen mit Truppe, Tross und Schattentross, Plagen in biblischem Ausmaß.

Darauf liegt bei Försters Darstellung des Dreißigjährigen Krieges der Fokus, deshalb ist es – trotz der gezeigten Verkürzungen – notwendig und richtig, die Darstellung einer Person wie Wallenstein auf ihren Anteil am fürchterlichen Geschehen zu fokussieren. Nur so gelingt das Vorhaben, das Militärische in den gesellschaftlichen Rahmen einzubetten und die dramatischen Wechselwirkungen aufzuzeigen. Für den Leser wird erfahrbar, dass Militärgeschichte “immer in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang gehört, der die Abläufe wesentlich beeinflusst.“

Die Vorgehensweise kann gar nicht genug gelobt werden. Sie führt auch zu manchen Glanzpunkten in der Darstellung. Dank der Internationalisierung des Krieges, die zu Vielvölker-Truppen führten, wurden spezifische Formen der Kriegführung importiert. Vom Balkan, wo Habsburg und die Osmanen grausamste Kriege führten, kamen die „Kroaten“ zu den kaiserlichen Kriegsvölkern, die gefürchtet waren, weil sie die Unbarmherzigkeit der Gefechte gegen die Osmanen an der Balkangrenze auf den mitteleuropäischen Kriegsschauplatz übertrugen. Förster kommt in diesem Zusammenhang zu einer spektakulären Einsicht.

Hierbei handelte es sich um ein Phänomen, das auch in späteren Kriegen zu beobachten war. Im Zweiten Weltkrieg etwa übertrug die Waffen-SS-Division „Das Reich“ ihre Methoden im Vernichtungskrieg an der Ostfront auf die Verhältnisse in Frankreich im Sommer 1944 – mit furchtbaren Folgen.

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte

Bei der Lektüre von Militärgeschichte fällt ein weiterer Gesichtspunkt auf, der beunruhigend ist. Über Jahrhunderte hinweg wurden die Heere, die in Kriegen aufeinanderprallten, immer größer. Der Zweite Weltkrieg war sicher der Höhepunkt dieser Entwicklung, danach wurden die Kriege „kleiner“, lokaler und gleichzeitig auch „breiter“, im Sinne eines Krieges ohne Fronten.

So ist das „Karfreitagsgefecht“ der Bundeswehr in Afghanistan gemessen an den Massenschlachten der Weltkriege auf den ersten Blick ein Petitesse, trotzdem ein wichtiges Ereignis, dem Förster einigen Raum einräumt. Seine Darstellung zum Einsatz am Hindukusch ist ebenso knapp wie wertvoll, denn es beleuchtet jene strukturellen Mängel, die für die Bundeswehr seit Jahrzehnten prägend sind. Der Afghanistan-Einsatz scheiterte am »Fehlen einer Gesamtstrategie«, dem »unklaren Auftrag für die Truppe« und der »Verschleierungstaktik« der politischen Führung. Es konnte kein Krieg sein, weil es kein Krieg sein durfte.

Die Schlussfolgerung entlarvt die  vielbeschworene „Friedensdividende“ als eine Form selbstgefälliger Realitätsverweigerung und beharrlichen Klammerns an rostbefallenen geopolitischen Glaubenssätzen, die spätestens 2022 in einen Alptraum mündeten. Russlands allumfassender Eroberungs- und Vernichtungskrieg ist zur wahrhaftigen Zeitenwende geworden, möglicherweise im Sinne eines Trendbruchs, denn erstmals seit 1945 steigt der Umfang eines Landkrieges wieder massiv an.

Das vorzügliche Buch ist Teil der Historischen Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung. Ich bedanke mit für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

Stig Förster: Deutsche Militärgeschichte
Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart
C.H.Beck 2025
Gebunden 1.296 Seiten
ISBN: 978-3-40682903-1

Assaf Gavron: Everybody be cool 

Vor allem die erste Erzählung hat mir sehr gut gefallen, auch die zweite regt mit ihrem utopischen Charakter zum Nachdenken an. Cover Luchterhand, Bild mit Canva erstellt.

Wie so oft bei Erzählungen wird der Leser in die Handlung hineingestupst und muss sich erst einmal orientieren. Das erscheint einfach: ein Überfall! Okay. Aber warum erkennt »sie« nicht den »Gegenstand aus schwarzem Metall« in der Hand des Mannes, der mit seinem Ausruf in der Bank für Aufregung sorgt?  

Eine Pistole, für Zeitgenossen unserer Tage keine Frage, aber wohl doch für die orientierungslose Frau, die auch noch nachfragen muss, was ein Überfall ist. Sie wendet sich dabei an »Eiser«, flüsternd in ein Mikrofon. Wohl eine KI, denn die muss erst einmal »prüfen«, was auch in weniger dramatischen Momenten ungelegen kommt.  

Der sich daraus entwickelnde kurze Dialog ist komisch, zumindest für den Leser, der nicht nur den Informationsvorsprung besitzt, sondern auch unbedroht von einer Waffe ist. Außerdem muss er nicht dabei zusehen, wie die Anzeige des Betrages einer »Basisleistung«, wohl ausgezahlt in dieser »Bank«, rapide sinkt. Auf Null. Unverkennbar ein folgenschwerer Moment.  

Die Einsamkeit hatte ein neues Gleichgewicht geschaffen und es bestand wieder die Möglichkeit noch der Wunsch mit anderen zusammen zu sein.  

Assaf Gavron: Everybody be cool 

Doch sind die Folgen anderer Art, als erwartet. Die weibliche Hauptperson befindet sich in Isolation, allerdings in einer wesentlich verschärften Version dessen, was die Welt während der Corona-Pandemie erlebte. Überraschend gut scheint sich die Protagonistin mit ihrer Lage arrangiert, ja, sogar angefreundet zu haben.  

Die Isolation nimmt sie als neue, begrüßenswerte Wirklichkeit war, der Kontakt zur Außenwelt läuft über »Eiser«, jene KI, die zum Lebensbuddy geworden ist und alles regelt. Betreutes Leben, zumal der »Banküberfall« bei einer erfolgreichen Unternehmerin kein Problem darstellt, denn sie ist nicht auf die Basisleistung angewiesen.  

Merkwürdig erscheint zunächst, dass die Person in der Bank anwesend sein kann, trotz verschärfter Isolation. Die Lösung liegt auf der Hand: ein Avatar in einer Simulation. Ab diesem Punkt verschwimmen die klaren Linien, die Äußerungen über die Folgen der leistungslosen Geldverteilung an die Bevölkerung werfen Fragen auf, insbesondere bei jenen, die heute, in der Lebenswirklichkeit des Lesers einem bedingungslosen Grundeinkommen positiv gegenüberstehen.  

Das Recht, selbst zu entscheiden, verunsicherte und frustrierte.  

Assaf Gavron: Everybody be cool 

Was als munterer, kurioser Moment beginnt, berührt ganz grundlegende Fragen. Wäre die finanzielle Unabhängigkeit ein Schritt in die Freiheit oder eben doch nicht? Wer alles machen kann, muss sich immer noch entscheiden – das ist keineswegs einfach. Solche Gedanken kann man auch bei Timothy Snyder, Über Freiheit oder Ilko-Sascha Kolwalczuk, Freiheitsschock nachlesen.  

Warum überhaupt ein Banküberfall, wenn alle abgesichert sind? Autor Assaf Gavron geht noch einen Schritt weiter und lässt seine kurze Geschichte in einem kafkaesk-dystopischen Finale enden, nach einer sehr scharfen Wende scheint sich die Heldin dort wiederzufinden, wo sich Millionen in der Vergangenheit anlässlich der Verwirklichung einer Utopie, eines Paradieses auf Erden wiedergefunden haben.  

Auch in der zweiten, längeren Erzählung spielen die Themen Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit eine zentrale Rolle. Assaf Gavron spielt mit den Möglichkeiten, die ihm die in der Zukunft liegende Handlung bietet, und lässt seine Protagonisten grundverschiedene Einstellungen gegenüber dem neu etablierten System einnehmen.  

Doch eigentlich ging es um eine Frage der menschlichen Natur.  

Assaf Gavron: Everybody be cool 

Regulierung und Basiseinkommen definieren die gesellschaftliche Kulisse, vor der die Personen ihre ewigen Spiele spielen. Macht, Einfluss, Gier, Missgunst, Niedertracht – am Wesenskern des Menschen ändert sich nichts, trotz der großen Fortschritte bei der Verringerung des Wohlstandsgefälles in der Gesellschaft.  

Das gilt auch für die politischen Rahmenbedingungen. Im Jahr 2066, in dem die Erzählung Zement spielt, ist von den gegenwärtigen Konflikten keine Rede mehr. Es gibt ein Gebilde namens Middle Eastern Union, in dem offensichtlich eine ganze Reihe von Staaten aufgegangen sind. Und doch bleibt auch in diesem Frieden der Mensch seinem Wesen treu, dem unbedingten Streben nach Macht.  

Erzählerisch wirkt Everybody be cool! reifer, Zement ist ausschweifender und durch die Anleihen beim Krimi-Genre schroffer und zerklüfteter. Die Handlungsweise der Hauptfigur ist sprunghaft, manche Passagen neigen zu Redundanzen und insgesamt erliegt der Autor der Versuchung, das Geschilderte zu kommentieren. Das trübt den positiven Eindruck einer Erzählung, die einige wunde Punkte utopischer Vorstellungen berührt.  

*Rezensionsexemplar, besten Dank an Luchterhand / Bloggerportal

Assaf Gavron: Everybody be cool 
Zwei Erzählungen  
Aus dem Hebräischen von Stefan Siebers 
Luchterhand 2025 
Gebunden 192 Seiten 

Arnaud Delalande, Eric Lambert: Aufbruch ins Weltall

Die Reise mehrerer Menschen zum Mond und zurück war ein dramatischer Prozess voller Rückschläge, immenser Kosten und einem Happy-End. Die Graphic Novel zeichnet diesen Weg nach, spart die militärischen Ursprünge der Raumfahrt (V2) nicht aus, schildert die Opfer und beschreibt, wie aus dem Zweikampf zwischen den USA und der Sowjetunion in der Gegenwart ein globaler Mehrkampf wurde.

Die ersten Lebewesen, die von der Erde ins Weltall gelangten, waren Tiere. Insekten, Affen, Katzen und eine Hündin namens Laika. Warum eine Hündin und kein Rüde? Weil die Hündin beim Pinkeln nicht ihr Bein heben muss und die Raumkapsel für das Tier kleiner sein konnte. Es sind solche Details, die Aufbruch ins Weltall besonders anschaulich machen. Laika war das erste Lebewesen, das die Erde umrundete und dafür einen hohen Preis bezahlte: Das Kühlsystem ihrer Raumkapsel versagte, die Hündin starb.

Das kleine Beispiel zeigt schon, wie Arnaud Delalande sein Werk über die Raumfahrt angelegt hat. Die dunklen Seiten werden nicht verschwiegen. Der Tod flog immer schon mit, ganz am Anfang stand er sogar im Zentrum der beginnenden Raumfahrt. Während des Zweiten Weltkrieges entwickelten die Deutschen um Wernher von Braun eine Rakete, die tausendfach gen London und Antwerpen abgeschossen wurde. Die Produktion forderte unter den dafür eingesetzten Häftlingen mehr Opfer als der Beschuss, glücklicherweise hatte die V2 keinen Einfluss auf den Kriegsverlauf.

Wernher von Braun spielte auch in der amerikanischen Raumfahrt-Geschichte eine zentrale Rolle, allerdings sollte man diese nicht überbetonen, denn bemannte Raumfahrt war und ist ein hochkomplexes, sehr teures, umstrittenes und entsprechend vielschichtiges Phänomen. Ein Einzelner hat in diesem Geflecht nur einen sehr begrenzten Einfluss. Politische Entwicklungen waren wesentlich wichtiger, im Falle der Raumfahrt der so genannte Kalte Krieg, zwischen den beiden Machtblöcken USA und Sowjetunion.

Am 16. Juni 1963 fliegt Walentina Tereschkowa für die Sowjetunion als erste Frau in den Weltraum.

Arnaud Delalande, Eric Lambert: Aufbruch ins Weltall

Überspitzt formuliert hätte es ohne die Sowjets möglicherweise bis jetzt keine Mondlandung gegeben. Über Jahre hinweg entwickelte sich ein Wettlauf zwischen beiden Systemen, der die jeweils andere Seite motiviert, Ressourcen in großem Umfang in die Entwicklung der bemannten Raumfahrt zu stecken und erhebliche Risiken einzugehen. Mehrfach bezahlten Menschen mit ihrem Leben für den Traum, die Erde zu verlassen, was neben den immensen Kosten für öffentliche Diskussionen über Sinn und Nutzen der bemannten Raumfahrt führte.

Die Graphic Novel Aufbruch ins Weltall zeichnet den Wettlauf zwischen der Sowjetunion und den USA nach, schildert die dramatischen Jahre, in denen die Amerikaner lange Zeit im Hintertreffen waren, ehe ihnen schließlich doch als Erste der Sprung zum Mond glückte. Mehrere Apollo-Missionen brachten Astronauten zum Erdtrabanten, die Beinahe-Katastrophe von Apollo 13 (ausgerechnet!) war Teil davon. Bislang schaffte es noch keine andere Nation, Menschen zum Mond zu senden, was sich in naher Zukunft ändern könnte.

Eng verflochten ist die Geschichte der bemannten Raumfahrt mit den politischen Ereignissen, die eine wichtige Triebfeder der stürmischen Entwicklung waren. Da wäre etwa das Drama um Kuba, Revolution, konterrevolutionäre Landung in der Schweinebucht und die haarsträubende Episode um die Stationierung sowjetischer Atomwaffen auf der Insel, was durchaus in einem Dritten Weltkrieg hätte münden können. Die rivalisierende Jagd nach dem ersten Menschen auf dem Mond war auch eine Art Ersatz für einen bewaffneten Konflikt.

Die 7 Astronauten der Mission STS-51-L verbrennen sofort.

Arnaud Delalande, Eric Lambert: Aufbruch ins Weltall

In den letzten Kapiteln beleuchtet das Buch die Gegenwart und die jüngste Vergangenheit der Raumfahrt, die wesentlich unübersichtlicher geworden ist. Mit China, Indien, Europa, Japan und anderen sind weitere Player hinzugekommen, die auf unterschiedlichem Niveau eigene Projekte verfolgen. Die blauäugige Phase der Kooperation, die sich in der International Space Station (ISS) niederschlug, ist längst einem mehr oder minder offen vorgetragenen Wettkampf gewichen, der immer stärker auch militärische Züge trägt.

Noch komplizierter wird die Raumfahrt durch private Investoren. Jüngst hat ein privat finanzierter, prominent besetzter Ausflug mehrerer Frauen ins All für Aufsehen und viel Kritik gesorgt. Im Schatten derartiger Ereignisse forschen und arbeiten zahlreiche Startups rund um den Globus eifrig an der Raumfahrt mit, während die Nationen oder internationale Unternehmungen Großprojekte wie Raumstationen, Basen auf dem Mond oder anderen Planeten bzw. Monden vorantreiben.

Sehr gut gefallen hat mir, dass die Verbindung Science und Fiction Eingang in Aufbruch ins Weltall gefunden hat. Delalande hat Phantastik-Autoren aus der weiter zurückliegenden wie auch der jüngeren Vergangenheit eingeflochten, auch den Brückenschlag zwischen Katastrophenfilmen (etwa um den verheerende Einschlag eines Meteoriten auf der Erde) und realen Bedrohungen sowie vorbeugenden bzw. akuten Abwehrmaßnahmen geschafft. Die Graphic Novel ist ganz wunderbar, vom Ende einmal abgesehen, das wie eine Discount-Version eines Pro-Raumfahrt-Werbefilmchen wirkt und man sich hätte sparen sollen.

Rezensionsexemplar

Arnaud Delalande, Eric Lambert: Aufbruch ins Weltall
Eine kurze Geschichte der Raumfahrt
Übersetzt von Anja Kootz
Knesebeck 2025
Gebunden, 192 Seiten
ISBN 978-3-95728-879-0

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