Piraten fallen nicht vom Himmel, niemand wird als Pirat geboren. Kriege dürften der wichtigste Geburtshelfer der Feinde aller Menschen sein.

Wie wird man eigentlich Pirat? Folgt man populären Filmen, könnte man den Eindruck haben, Piraten wären einfach da. Oft wird ihre Herkunft gar nicht weiter geklärt, man könnte meinen, sie fielen mehr oder weniger vom Himmel. Manchmal wird der Weg zur Piraterie auch als eine Art Vermächtnis geschildert, wenn etwa Henry Morgan Jack Sparrow mit Kompass und Kapitänsamt beglückt. Oder William Turner in die Fußstapfen seines Vaters tritt, als hätte er genetisch – schicksalsträchtig gar keine andere Wahl.

Wenn man einen Blick auf die Biographien historischer Piraten wirft, wie zum Beispiel eben jenen Henry Morgan, ist eine andere Sache recht augenfällig: Es gibt eine direkte Verbindung zwischen Piraterie und Krieg. Selbstverständlich gab es auch in langen Friedenszeiten Piraterie, doch sorgten Kriege in der Regel für ein massives Ansteigen der Aktivitäten von Piraten.

Piratenrepublik und »Goldenes Zeitalter«

Es ist kein Zufall, dass die so genannte »Piratenrepublik« von Nassau in den Schlagschatten des ersten wirklich weltumspannenden Krieges fiel: Der Spanische Erbfolgekrieg wurde nicht nur in Europa ausgetragen, sondern auch in der Neuen Welt (gemeinsam mit dem teilweise zeitgleich stattfindenden Großen Nordischen Krieg brannte es in ganz Europa).

Das gleiche gilt für das so genannte »Goldene Zeitalter« der Piraterie, das von Historikern zwischen 1714 und 1722 bzw. 1716 und 1726 verortet wird. Der Große Krieg endete in Europa offiziell 1713, doch in der Neuen Welt ging es munter weiter. Ein Teil der Kaperfahrer, sprich: der von der jeweiligen Krone beauftragten oder zumindest geduldeten Seeräuber bekam das Ende der Kampfhandlungen erst mit großer Zeitverzögerung mit und war keineswegs immer begeistert vom Friedensschluss.

Manche haben einfach auf eigene Rechnung weitergemacht. Warum auch nicht? Die Alternativen waren nicht besonders verlockend. Frieden bedeutete nicht für jeden eine Erleichterung, mit dem Ende der Kampfhandlungen verloren viele Seeleute Anstellung und Einkünfte; manche standen einfach vor dem Nichts und die Aussicht auf Einkünfte durch Raub, für dessen Ausführung sie die nötigen Kompetenzen erworben hatten, bot einen Ausweg.

Grauzonen

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. In Europa mag für einige Jahre Frieden geherrscht haben, in der Neuen Welt jedoch nicht. Die Kaperfahrerei bot eine großartige Möglichkeit, einen verdeckten Krieg zu führen, ohne ihn offen erklären zu müssen. Man konnte seine Feinde schwächen, ohne einen unpopulären Waffengang vom Zaun zu brechen.

Außerdem gab es eine Grauzone. Wer mochte verhindern, dass Kaperfahrer die »falschen« Schiffe auf ihrem Weg nicht einfach auch aufbrachten? Wenn ein englischer Kapitän auf der Suche nach spanischen und französischen Schiffen lange ohne Beute blieb, was aber essentiell für die Loyalität der Mannschaft war, würde er nicht auch ein englisches Handelsschiff überfallen?

Doch die Grauzone reicht noch weiter. Mancher für die Piratenjagd ausgesandte Kapitän konnte der Verlockung des scheinbar schnellen Geldes ebenfalls nicht widerstehen und hat sich entsprechend an friedlichen Kauffahrern vergriffen. Diese verschwommene Grenzlinie zwischen Kapern, Piraterie und Piratenjagd wurde gelegentlich mehrfach überschritten.

Gnade und Blutbad

Letzten Endes haben sich die europäischen Großmächte England, Frankreich, Spanien, die Vereinigten Niederlande und auch Portugal irgendwann aufgerafft und mit dem Piratenproblem gründlich aufgeräumt. Neben der Möglichkeit, der Piraterie abzuschwören und auf friedlichem Wege das blutige Handwerk hinter sich zu lassen, wurde auch zu brutaler Gewalt gegriffen.

Am Ende des »Goldenen Zeitalters« der Piraterie stand ein Blutbad, das entschlossene Vorgehen dämmte das Piratenunheil massiv ein und machte die Seefahrt wieder sicherer. Doch der verdeckte Kaperkrieg war ein viel zu verlockendes Mittel, um darauf zu verzichten, im Grunde herrschte in der Karibik über Jahrzehnte ein kaum bemäntelter Waffengang.  Mit den bekannten Folgen. 

Das ist die Lage, als die Hauptfigur meiner Abenteuerreihe, Joshua, 1732 aus London aufbricht. Er kann eigentlich darauf setzen, dass Piraten kein großes Problem mehr darstellen, zumal sein Schiff, die Sturmvogel, in einem Konvoi fährt, was Überfälle gewöhnlich erheblich erschwert – so lange die Schiffe zusammenbleiben.

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